Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte letzte Woche die in Frankreich seit langem geltende Regelung der anonymen Geburt bestätigt. In Deutschland ist eine anonyme Entbindung bisher nicht zulässig. Ein Gesetzesentwurf aus der Mitte des Bundestages scheiterte in der vorigen Legislaturperiode. Schewe-Gerigk betonte, wegen der schwierigen Grundrechtsfrage werde es einen Gesetzesentwurf aber sicher nicht vor der parlamentarischen Sommerpause geben. Schewe-Gerigk erwartet wegen der unterschiedlichen Rechtstraditionen in Deutschland einen geringeren Anteil an anonymen Geburten als in Frankreich, auf jeden Fall weniger als 800 Kinder pro Jahr. Die grüne Politikerin verwies darauf, dass zwei Grundrechte berührt werden, das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung und das Recht auf Leben. Denkbar sei zum Beispiel, dass die Mutter innerhalb der ersten acht Wochen nach der Geburt sich noch nicht ins Personenstandsregister eintragen lassen müsse und beraten lassen könne, welche Bedeutung für Kinder das Wissen um die eigene Herkunft habe. Schon jetzt entscheide sich jede zweite Mutter nach einer anonymen Geburt für ihr Kind. Dieser Anteil sei durch eine qualifizierte Beratung noch zu erhöhen. Für Schewe-Gerigk ist eine "vertrauliche" Geburt, bei der die Mutter ihre persönlichen Daten angeben muss, keine gleichwertige Alternative. - Die bisherigen Bemühungen auf Bundes- oder Landesebene, eine anonyme Geburt anzubieten, waren auf zum Teil scharfe Kritik einer Reihe von Experten gestossen, die vor einer künstlich geschaffenen Nachfrage warnen. Die anonyme Geburt soll Frauen davon abhalten, ihr Kind mit beträchtlichen gesundheitlichen Risiken für Mutter und Kind und ohne medizinischen Beistand allein zu entbinden.Qualifizierte Beratung bewirkt oft ein spätes Ja zum Baby
Datum: 21.02.2003
Quelle: KIPA