«Direkt, groovig und deutsch»

Sarah Kaiser über ihr neues Album

Sie singt Jazz, sie singt Pop, aber vor allem singt sie mit ihrem ganzen Herzen. Sarah Kaiser gilt als einer der bemerkenswertesten Jazzsängerinnen Deutschlands. Im Oktober erscheint ihr neues Album «Grüner». Durchdacht, gechillt und dann doch ganz kraftvoll und emotional. Ein Album, dass man gehört haben sollte.
Sarah Kaiser
Die neue CD von Sarah Kaiser: «Grüner»

Eine fröhliche, junge Frau sitzt mir gegenüber. Der Schalk lacht ihr aus den Augen, doch oberflächlich ist sie nicht. Einmal mehr wird mir klar, dass ich es hier nicht mit einer verstaubten Jazz-Sängerin zu tun habe.

Livenet.ch: Sarah, wie würdest du dein neues Album «Grüner» beschreiben?
Soulig, groovig, deutsch, persönlich, direkt, grün. Es ist für mich das persönlichste Werk bisher. Ich habe über alles geschrieben, was mich so beschäftigt und bewegt hat. Und eigene Texte in deutscher Sprache sind eher ungewöhnlich in der hiesigen Jazz-Senze. Von der Instrumentierung her wollten wir sehr reduziert bleiben mit Fender Rhodes, Kontrabass und Schlagzeug als Basis. Das fühlte sich für mich an wie ein Hochseil ohne Netz, aber genau das macht den Reiz der Platte aus. Jede Musikerpersönlichkeit ist wichtig und meine Stimme hat viel Platz zu atmen.

Was unterscheidet «Grüner» von deinen vorigen Alben?
Zum ersten Mal haben wir alle Songs komplett selbst geschrieben. Deswegen ist dieses Album auch noch persönlicher.

Warum der Titel «Grüner»?

Das ist tatsächlich ein Songtitel auf der Platte, aber auch eine Art roter Faden der ansatzweise in mehreren Songs auftaucht und auf verschiedenen Ebenen passiert. Mehr will ich hier gar nicht sagen, hört die CD an und findet es heraus!

Was liebst du an Deiner Musik?
Es ist einfach total beglückend, mit anderen und für andere Musik zu machen. Ich liebe es, mich in meiner Musik auszudrücken. Sie eröffnet mir neue Welten, ist gefühlvoll, spielerisch und groovt.

Alle Texte sind auf Deutsch – warum?
Das war ursprünglich eine Idee meines Labels und eine schöne Herausforderung für mich. Ich war es bis zu diesem Album nicht gewohnt, Liedtexte auf Deutsch zu schreiben, hatte fast nur englische Texte geschrieben. Nur hier und da mal vereinzelt einen deutschen. Ich musste mich erstmal in diese Sprachwelt einfinden, meine eigene Sprache darin finden. Aber es ist mir gut gelungen und durch deutsch spricht den Hörer sehr direkt an.

Dein Debut «Gast auf Erden» hatte eindeutig fromme Texte, es waren Lieder von Paul-Gerhardt. Bei «Grüner» ist das nicht so. Absicht?
Ja. «Gast auf Erden» war ein sehr spezielles Projekt das mir sehr am Herzen liegt. Aber es war an der Zeit, eigene Lieder zu schreiben und eine eigene Sprache zu finden. «Grüner» erscheint bei einem säkularen Jazzlabel und soll bewusst nicht nur für frommes Publikum, sondern für jeden zugänglich sein. Wer sucht, wird aber auch auf diesem Album den Grösseren entdecken.

Welches ist Dein Lieblingslied auf dem Album und warum?
Das «eine Lieblingslied» gibt es nicht. Mit jedem Lied ist ein Erlebnis oder eine Geschichte verbunden, die mir irgendwie wichtig ist. Aber ein Favorit ist sicherlich Guerilla Gärtner – weil mir die Stimmung des Liedes gefällt, und die damit verbundene Geschichte so stark ist. Guerilla Gärtner gibt es wirklich, was für eine inspirierende Bewegung!  

Du hast während deines Studiums zum Glauben gefunden. Hat sich deine Art Songs zu schreiben dadurch verändert?
Ich habe vorher kaum Songs geschrieben, das begann eigentlich erst später. Aber natürlich gab es für mich, nachdem ich diese Gotteserfahrung hatte, eine andere Dimension, die mein Denken und Schreiben bestimmt.

Wie hast Du dich dadurch verändert?
Plötzlich die Welt aus Gottes Perspektive zu sehen, hat meinen Horizont deutlich erweitert, meinen Blickwinkel und auch meine Prioritäten verändert. Zum Beispiel sind mir Beziehungen sehr wichtig geworden und ich glaube, ich arbeite viel intensiver daran als früher.

Du unterrichtest auch als Dozentin für Popgesang. Was ist das Wichtigste, das du weitergeben möchtest?
Das Wichtigste für einen Sänger, der als Künstler wachsen will, ist meiner Meinung nach, seine eigene Stimme zu finden. Ich versuche, meine Schüler dazu zu ermutigen, echt zu sein und fit dem Herz zu singen.


Datum: 11.10.2010
Autor: Miriam Hinrichs

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