Fussball und Spiritualität

Schalke 04 hat sogar eine eigene Bibel.

Jedes Wochenende hoffen Hunderttausende in den Fussballstadien, dass ihr Verein ihnen die Verheissung auf siegreiche Tage und Titel schenkt. Der Bundesligist Schalke 04 geht jetzt dem Phänomen unter dem Motto "Fussball und Spiritualität" nach.

Die Bilder gleichen sich zuweilen: Pokale werden wie Abendmahlskelche in die Höhe gestreckt, Wechselgesänge dominieren in Stadien genauso wie in Kirchen, Himmel und Hölle liegen hier wie da mitunter eng beieinander. Diese Beobachtungen liessen die Franziskaner-Mönche Frank Krampf und Gabriel Zörnig nicht mehr los.

Der eine ist Seelsorger in Paderborn, der andere in Waren/Müritz in Mecklenburg-Vorpommern, beide sind Schalke-Fans. Fussball ist Kult- und auch deshalb fühlen sich die beiden Theologen zuständig. Ihre Idee: Ein Begegnungswochenende auf Schalke sollte die Brücke vom Fussball zum Glauben und zu religiösen Erfahrungen bauen. Ihre Zielgruppe: junge Menschen zwischen 16 und 35 Jahren.

Unter der Überschrift "Fussball und Spiritualität" laden die Franziskaner über Pfingsten zu einem Begegnungswochenende in ihr Kloster nach Rheda-Wiedenbrück ein. Im Programmablauf wird es auch zwei "sportliche Höhepunkte" geben. Zum einen den Besuch des Schalker Heimspiels am Pfingstsamstag gegen Eintracht Frankfurt, zum anderen ein Fussballspiel aller Teilnehmer des Begegnungswochenendes am Pfingstsonntag. Am Sonntag wird ein Pfingstgottesdienst gefeiert. Danach diskutiert Schalke 04-Vorsitzender Josef Schnusenberg mit den Teilnehmern, warum ein Christ Vereinsvorsitzender ist und was Religion für die Spieler bedeutet.

Kirche kann vom Fussball lernen

Der FC Schalke 04 arbeitet bereits seit vielen Jahren mit der christlichen Organisation zusammen. "Die Kirche kann vom Fussball etwas lernen: die Begeisterungsfähigkeit, Lebendigkeit und Einsatzbereitschaft", sagt Bruder Frank Krampf, selbst bekennender Schalke-Fan. "Der Glaube kann dem Fussball aber auch etwas bieten: eine Antwort auf Fragen nach dem Sinn des Lebens. Nach Gott, der mich auch in Niederlagen nicht fallen lässt."

Mit dem Begegnungswochenende sind die TeilnehmerInnen eingeladen, über ihre Leidenschaft für den Fussball und die Kraft, die der Glauben geben kann, nachzudenken, sich auszutauschen und voneinander zu lernen. "Begeisterung bedeutet auch Verantwortung für mich und meine Umwelt", so Bruder Frank. "Bei unserem Begegnungswochenende geht es um Gemeinschaft, aber auch um die Kraft der Stille im persönlichen Gebet."

Fussballfans können von der Kirche lernen

In dem Forum sollte man über den eigenen Glauben und das eigene Leben nachdenken, fasst Bruder Frank seine Intention zusammen. Zum Beispiel über die Frage: Wie gehe ich mit Niederlagen um? Oder: Welche Werte gelten im Sport, welche im Leben? Für diese existentiellen Fragen möchten die Franziskaner die Bilder der Zeit nutzen. Der Fussball mit seinem Gemeinschafts- und Gemeindeerlebnis gehört dazu. "Und eine gesunde Rivalität", ergänzt Bruder Frank. "Denn wenn wir den Gegner nicht hätten, könnten wir nicht Fussball spielen."

Genau diese Mischung macht für Tobias, Marco und Lucas den Reiz des Wochenendes aus. Die drei Auszubildenden werden extra aus Greifswald ins Ruhrgebiet anreisen, um über den Spielfeldrand hinauszublicken. Den 19-jährigen Lucas interessieren vor allem die Vergleiche zwischen den Ritualen auf den Stadionrängen und der Liturgie in den Kirchenbänken.

Fussball und Religion spielen Doppelpass

Gläubige Bergleute gehörten zu den ersten Vereinsmitgliedern vor über hundert Jahren, Pfarrer und Priester zum Vereinsleben wie das Pils nach dem Schlusspfiff. Noch heute ist der frühere Gelsenkirchener Gemeindepfarrer Hans-Joachim Dohm im Verein aktiv, ist er für viele einfach nur der "Schalke-Pfarrer". Dem evangelischen Geistlichen verdanken die königsblauen Knappen auch die erste Kapelle in einem deutschen Fussball-Stadion. Hier wird gebetet und gesungen, getauft und getraut - aber nicht Sieg oder Niederlage erfleht.

Schalke-Bibel

Es gibt sogar eine spezielle "Schalke-Bibel". In dieser besonderen Bibel mit dem Schalke-Emblem erzählen Schalke 04-Präsident Josef Schnusenberg, Manager Andreas Müller, Kapitän Marcelo Bordon und andere Spieler des Fussball-Clubs, wie ihnen der christliche Glaube im Leistungssport hilft.

Die Entstehung der ungewöhnlichen Bibel geht vor allem auf die Initiative der Fans zurück. Noch nie hat ein Fussballverein seine eigene Bibel herausgebracht. Allerdings beobachtet man gerade unter den Profisportlern eine zunehmende Religiosität. Während sich vor zehn Jahren in der Bundesliga nur eine Handvoll Spieler öffentlich zum Christentum bekannt hätten, gibt es heute in jedem Klub mindestens drei Spieler, die offen über ihren Glauben reden.

Quelle: epd/Livenet/Schalke 04

Datum: 30.04.2009

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