The Passion: jüdische Kritik in den USA und Israel – und Mel Gibsons Antwort

Mel Gibson

Mel Gibsons Film „The Passion of the Christ“, der in den USA angelaufen ist, scheidet die Geister. Das eigenartige Projekt, den Leidensweg von Jesus in den Originalsprachen zu verfilmen, geriet nicht zum Flop, wie vorausgesagt, sondern füllte beim Start letzten Mittwoch gleich 4000 Kinosäle. Andrea Köhler, die den Film sah, schrieb in der NZZ, er wecke in seiner Brutalität Abneigung gegen die christliche Religion: „Der Film zeigt die Geisselung und Kreuzigung eines menschlichen Körpers, und er zeigt nichts als das: die Folter des Fleisches und die Freude der Peiniger an der Qual ihres Opfers, er zeigt Leiden und Hass.“

Unter Juden in den USA wurde die Befürchtung laut, der Film könnte das Verhältnis zwischen ihnen und den Christen im Land belasten. Viele Rabbiner griffen das Thema in ihrer Sabbatspredigt präventiv auf. Wenn Juden den Film sähen und sich mit dem gezeigten Bild von Jesus identifizierten, werde das ihre gottgegebene jüdische Identität aufweichen und in ihnen Zweifel übers Judentum wecken, äusserte Tzvi Weinreb, ein führender orthodoxer Rabbiner.

Aufregung in Israel

Der Film schlägt Wellen bis nach Israel. Auch dort fürchtet man, die in den Grosskirchen jahrhundertelang gehegte Judenverachtung und –feindschaft könnte wieder aufleben. Der Chef der Shas-Partei Eli Yishai forderte gleich ein Vorführverbot.

Oberrabbiner Yona Metzger folgte am Donnerstag jüdischen Aktivisten aus den USA und forderte den Vatikan auf, öffentlich zu bekräftigen, dass die Juden nicht schuldig seien am Tod von Jesus. Das Zweite Vatikanische Konzil hatte 1965 ein Ende gemacht mit den furchtbaren Anschuldigungen, denen die Juden als Volk seit alters ausgesetzt worden waren, Anschuldigungen, denen über die Jahrhunderte ungezählte Massaker und Vertreibungen folgten.

1965: Der Schritt des Konzils

Im Dokument ‚Nostra Aetate’ hielt das Konzil damals fest: „Obgleich die jüdischen Obrigkeiten mit ihren Anhängern auf den Tod Christi gedrungen haben, kann man dennoch die Ereignisse seines Leidens weder allen damals lebenden Juden ohne Unterschied noch den heutigen Juden zur Last legen. Gewiss ist die Kirche das neue Volk Gottes, trotzdem darf man die Juden nicht als von Gott verworfen oder verflucht darstellen…“

Antisemitismus – mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar

Mel Gibson, der einer traditionalistischen Strömung innerhalb der katholischen Kirche angehört, wies den Vorwurf der judenfeindlichen Stimmungsmache von sich. In einem Interview mit der Fernsehkette ABC sagte er, Juden und Römer seien bei der Verurteilung des Juden Jesus beteiligt gewesen. Antisemitismus sei eine mit dem christlichen Glauben unvereinbare Sünde. Auf die Rückfrage, wer denn nun Jesus getötet habe, sagte Gibson, „wir alle“.

Datum: 01.03.2004
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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