Kyrillos Lukaris – Märtyrer

Orthodoxer Freund der Reformation wurde Opfer eines Komplotts

Als Patriarch von Konstantinopel setzte Kyrillos Lukaris reformatorische Anliegen um und liess sogar das Neue Testament in die Volkssprache übersetzen. Daher liess der Sultan den Reformer am 7. Juli 1638 auf Betreiben katholischer Mächte durch seine Elitetruppe umbringen. Der Hintergrund.
Alexandria
Kyrillos Lukaris, Patriarch von Konstantinopel

Zum 380. Todestag des Patriarchen von Alexandria und später Konstantinopel, Kyrillos Lukaris, organisierte sein aktueller Amtsnachfolger Theodoros II in Alexandria eine gesamtorthodoxe Bischofs- und Theologenkonferenz. Sie wollte die alte Streitfrage klären, ob Lukaris nur ein Sympathisant von Reformation und protestantischer Mächten oder lediglich ein reformfreudiger, aber durchaus orthodoxer Kirchenmann war.

Ein echter Märtyrer, kein Verräter

Man war sich auf der Konferenz einig, dass Lukaris die Orthodoxie zu einem Faktor der europäischen Politik machte. Er versuchte, das Osmanische Reich in ein Bündnis gegen Polen zusammen mit Moskau, Siebenbürgen und protestantischen Staaten zu bringen. Seine Hinwendung zum Protestantismus sei aber mit dem Ziel einer Reformation der orthodoxen Kirche erfolgt. Er sei ein Verteidiger der Orthodoxie gegen die päpstlichen Unionsbestrebungen seiner Zeit in Polen-Litauen und dem Osmanischen Reich gewesen. Ebenso ein Vorläufer des orthodox-reformatorischen Dialogs unserer Tage und schliesslich Märtyrer seiner Anliegen und Überzeugungen.

Reformation aus erster Hand kennengelernt

Kyrillos Lukaris, zuerst Abt eines kretischen Klosters, lernte bei Studien in Italien Vertreter der dortigen Reformation kennen. 1592 wurde er zum ersten Mal in die Ukraine entsandt. Dort arbeitete er gegen die geplante Union des Konstantinopler Kirchensprengels von Kiew mit Rom. Als Vorsteher der orthodoxietreuen Bischöfe  hatte er ab 1597 auch Kontakt zur Schweizer Reformation, die sich damals in Osteuropa ausbreitete. Danach ging Lukaris sogar nach Wittenberg und anschliessend nach Genf, um die Reformation aus erster Hand kennenzulernen.

Reformatorisches «orthodoxes Glaubensbekenntnis»

Die Frucht seiner dreijährigen Studien in der Stadt Calvins ist sein «Orthodoxes Glaubensbekenntnis». Es wurde 1629 ebenfalls in Genf gedruckt und geht vor allem mit der orthodoxen Bilderverehrung (Ikonen) hart ins Gericht. In Alexandria zeigte allerdings der französische  Metropolit Emmanuel Adamakis in seinem Referat auf, dass Patriarch Lukaris keineswegs den orthodoxen Glauben durch evangelische Positionen «ersetzen oder gar zersetzen» wollte, sondern versucht habe, die Reformation auf eine für die Orthodoxie annehmbare Weise zu interpretieren.

Reformator und Ökumenischer Patriarch

Evangelische Einflüsse zeigen sich dann weiter während seiner Amtszeit als alexandrinischer Patriarch von 1601 bis 1620. Vollends zum Tragen kamen die reformatorischen Anliegen von Kyrillos Lukaris nach seiner Berufung zum Patriarchen von Konstantinopel. Er reformierte die Priesterausbildung und baute die erste Druckerei im Osmanenreich, die aber nach der Intervention katholischer Mächte geschlossen wurde. Lukaris reorganisierte die Patriarchatsakademie und liess das Neue Testament in die griechische Volkssprache übersetzen. 1627 erkundete er bei reformierten Schweizer Gemeinden Möglichkeiten einer engeren Zusammenarbeit und einer Kirchenunion mit Konstantinopel.

Opfer eines Komplotts

Daher wurde Kyrillos Lukaris zwischen 1620 und 1638 in Konstantinopel immer wieder der Vorwurf einer Protestantisierung der orthodoxen Kirche gemacht, was zu einem viermaligen Unterbruch seiner Funktion als Ökumenischer Patriarch der Orthodoxie führte. Schliesslich weckten die Gesandten der katholischen Habsburger und Frankreichs das Misstrauen von Sultan Murad IV.: Er liess Kyrillos Lukaris daher 1638 auf einem Schiff im Bosporus von Janitscharen, der Elitetruppe der Armee im Osmanischen Reich, umbringen.

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Datum: 04.07.2018
Autor: Heinz Gstrein / Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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