Reden wir gleich vom Geld: Auf 700.000 Franken wurde vor Jahresfrist der Beitrag beziffert, als "Open.02 Biel-Seeland-Jura" die zahlreichen Projekte vorstellte, die man für die Expo.02 auf die Beine stellen wollte. Pessimisten rechneten vor, dass da wohl kräftige Abstriche gemacht werden müssten. Doch die Gelder sind, fast wider Erwarten, vollständig zusammengekommen, und es können sämtliche Vorhaben verwirklicht werden - "ohne Abstriche", wie Claire Aldenhoven, Präsidentin von Open.02, an einer Medienkonferenz nicht ohne Stolz präzisierte. Kleinere und grössere Beiträge von Kirchgemeinden sowie Zuschüsse der reformierten, katholischen und christkatholischen Landeskirchen im Kanton Bern haben es möglich gemacht; mitgeholfen hat auch die Stadt Biel mit ihrem Kulturengagement, das zwei Kunst- und Musik-Projekte von Open.02 finanziert. Mit ihren Veranstaltungen wollen die Kirchen zur Betriebsamkeit der Expo.02 in Biel einen "Kontrapunkt" bilden. Open.02 wolle "die Vielfalt des kirchlichen und religiösen Lebens spiegeln und auch an der Kirche kaum interessierte Menschen ansprechen", heisst es dazu in der Broschüre. Einer dieser Kontrapunkte wird sich zum Beispiel in der mittelalterlichen Stadtkirche in der malerischen Bieler Altstadt finden. Im Gotteshaus steht ein leerer weisser Kubus mit der Bezeichnung "Der andere Ort". Darin, daran und darum herum setzen sich vom 3. Mai bis 1. November rund dreissig Künstlerinnen und Künstler mit den Zehn Geboten auseinander: unkonventionell, nachdenklich, mit Bildern, Installationen, Aktionen, Skulpturen oder Videos. Zudem äussern sich an zwölf "Konzertvespern" Wortschaffende und Musiker zu den Zehn Geboten. In ihrer "Absolutheit" seien die Zehn Gebote das "pure Gegenteil der grassierenden postmodernen Beliebigkeit", meint man bei Open.02 – und das sei Grund genug, sich mit ihnen zu befassen. Jedenfalls: Mit dem "anderen Ort" werde bewusst ein Wagnis eingegangen, sagte Pfarrer Andreas Urweider am Mittwoch vor den Medien: "Wir erwarten Impulse ungehörter und unerhörter Art durch die Künstlerinnen und Künstler". Einen etwas konventionelleren "Kontrapunkt" bietet Open.02 im Bieler Vorort Nidau an: Die dortige Kirche wird während der Landesausstellung ein "Ort des Rückzugs und der Stille" sein. Der Chorraum, mit Tüchern in den Farben des Regenbogens verhüllt, soll "mit seinem Schweigen und seiner Stille" zur Vertiefung der Erlebnisse des Tages einladen. Aus dem Kirchplatz wird mit Bänken und Pergolas eine grüne Oase gestaltet, und in der angrenzenden Sankt-Niklaus-Kapelle kann jeden Samstag abend an einer "geführten Stille" teilgenommen werden. Die Pasquart-Kirche in der Bieler Seevorstadt, eben fertig renoviert und bereits jetzt häufig als "Kunst- und Musikkirche" genutzt, wird mit einer Doppelausstellung zum Thema "Das leere Grab" aufwarten; dabei setzten sich verschiedene Bieler Kunstschaffende mit dem leeren Grab auseinander. Ferner zeigen Fotoausstellungen Bilder von Frauen aus Niger sowie solche einer afghanischen Ärztin. Daneben gibt’s in der Pasquart-Kirche, die eben mit einer neuen Orgel ausgestattet wurde, täglich über Mittag frei gestaltete Orgel-Rezitals, und im Oktober wird der renommierte Schweizer Orgelwettbewerb durchgeführt. Neben dem "anderen Ort" in der Stadtkirche gibt es auch den "anderen Blick" auf die Stadt: Wie Frauen in den letzten 500 Jahren in Biel lebten, zeigt ein für Open.02 erarbeiteter neuer Rundgang durch die Altstadt und dessen nähere Umgebung. An zehn Stationen sind "kleine und kleinste Spuren zu entdecken, die Frauen hinterlassen haben" - und mit diesem "anderen Blick" entwickle sich ein Bild über 500 Jahre Frauengeschichte, hoffen die Initiantinnen des Stadtrundganges. Zum "Kontrapunkt im Expoland" gehört auch ein doppelstöckiger Bus ("Passepartout"), der in Biel als "rollende Kirche für Gespräche, Gebete und Fürbitte" unterwegs sein wird. Open.02 hat ihn mit einem Bistro und Computern ausgestattet, an denen man sich spielerisch mit Lebens- und Glaubensfragen auseinandersetzen kann. Schliesslich lädt Open.02 auch zu einer "Woche der fünf Weltreligionen" ein: Vom 10. bis 15. Juni steht auf dem Gurzelen-Platz in Biel ein Zelt, in dem sich täglich eine Religion mit ihrem Glauben, ihren Riten und ihren Traditionen darstellt. Zum Abschluss am 15. Juni finden Juden, Muslime, Hindus, Buddhisten und Christen zum runden Tisch der Religionen zusammen, und gleichzeitig steigt im Zelt und darum herum das internationalen Flüchtlingsfest. Abgeschlossen wird die Woche der Weltreligionen am 16. Juni mit einem apostolisch-armenischen Gottesdienst in der christkatholischen Kirche. Den Auftakt zur "Expo-Zeit" in Biel wird am 12. Mai eine ökumenische Vesper bilden. Dabei gelangt ein Werk des jungen Aargauer Musikers Thomas A. Friedrich (37) zur Uraufführung, der den eigens dafür ausgeschriebenen Kompositionswettbewerb gewonnen hat. Es ist für Chor, Orgel und Schlagzeug geschrieben und verbindet "Macht und Freiheit", das Thema der Expo-Arteplage Biel, mit der klassischen Form der Vesper. Die Open.02-Projekte werden von den Kirchen an den Expo-Standorten Biel, Murten, Neuenburg und Yverdon in kirchenübergreifender Trägerschaft verantwortet. Die Ausstellung "Un ange passe" dagegen, die in Murten zu sehen ist, ist offizieller Bestandteil des Expo-Programms und wird vom Verein Schweizer Kirchen an der Expo.02 (Ese.02) getragen. Der Verein Schweizer Kirchen an der Expo.02 veranstaltet auch die beiden kirchlichen Events an der Landesausstellung: das Fest der Chöre am Pfingstsonntag, 19. Mai, und den Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag am 15. September unter der Überschrift "Starpeople - ein (Funk)eln genügt". Diese beiden Anlässe werden von den Kirchen mit einem Budget von 1 Millionen Franken selber finanziert. Für Angestellte der Landesausstellung, "die keinen Freizeitstress mögen", bietet Open.02 Vorschläge für Ausflüge in der Umgebung an und wartet mit einem Treffpunkt auf, wo Informationen über Vereine in der Region Biel zu haben sind. Ferner wird Open.02 anreisenden Gruppen aus der ganzen Schweiz - etwa Konfirmationsreisen, Bibelgruppen, Chören - beim Zusammenstellen des Reiseprogramms helfen und auch mit Begleitdiensten aufwarten. Weitere Informationen: Open.02 Biel-Seeland-Jura ist erreichbar unter: Telefon 032 322 88 66, Fax 032 322 88 68, E-Mail Stattliche Auswahl von Kontrapunkten
Stille unter Regenbogenfarben
Der andere Blick
Weltreligionen im Gespräch
Uraufführung an ökumenischer Vesper
Nicht zu verwechseln mit Ese.02
Auch für Angestellte der Expo.02 und als Begleitdienst für Gruppen
Datum: 03.05.2002
Quelle: Kipa