Frankfurter Pfarrer “heiratete” einen US-Baptisten

Frankfurt am Main. Der evangelische Pfarrer Nulf Schade-James (Frankfurt am Main) hat seine Partnerschaft mit einem US-Baptisten standesamtlich eintragen lassen und trägt seither einen Doppelnamen. “Ich habe geheiratet”, bekannte der Theologe am vor der hessen-nassauischen Synode in Frankfurt. Anlass war die Debatte um die Segnung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften.

Die “Trauung” habe am 25. Mai im Frankfurter Römer stattgefunden. Er sei seit zehn Jahren mit seinem Mann – einem Mitglied der Südlichen Baptisten – zusammen, der “tief gläubig” sei. Sie hätten sich vor sechs Jahren in einem Gottesdienst segnen lassen. Schade-James ist seit 13 Jahren Pfarrer der Friedensgemeinde im Gallusviertel. Vor der Synode sagte er: “So wie ich bin, hat mich Gott erschaffen. Ich bin sehr froh darüber.”

Die theologisch konservativ geführten Südlichen Baptisten sind mit fast 16 Millionen Mitgliedern die grösste protestantische Kirche in den USA. Sie lehnen kirchlichen Segen für “Homo-Ehen” ebenso ab wie die Ordination von Schwulen und Lesben, die sich nicht zur Enthaltsamkeit verpflichten.

Hessen-Nassau gibt homosexuellen Paaren den Segen

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ermöglicht als fünfte Landeskirche in Deutschland die Segnung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften in einem Gottesdienst. Die Synode stimmte in Frankfurt am Main mit deutlicher Mehrheit einem entsprechenden Vorschlag des Theologischen Ausschusses und des Leitenden Geistlichen Amtes (LGA) zu. 117 Synodale votierten für eine solche Segenshandlung, 41 stimmten dagegen und sechs enthielten sich. In dem Papier heisst es: “Paaren, die ihre Homosexualität verantwortlich leben, soll der gewünschte Segen seitens der Kirche zugesprochen werden können.” Erforderlich ist die Zustimmung der jeweiligen Kirchenvorstände. Pfarrer können nicht gegen ihr Gewissen zu einer Segenshandlung verpflichtet werden. Ehe und Familie blieben das Leitbild der Kirche “für verantwortlich gelebte menschliche Paarbeziehungen”, so der Beschluss.

Chrischona-Inspektor: Wir fühlen uns durch den Beschluss diskriminiert

Der Inspektor des Chrischona-Gemeinschaftswerkes in Deutschland, Pfarrer Rainer Geiss (Friedrichsdorf bei Frankfurt am Main), ist empört: “Wir fühlen uns durch diesen Beschluss diskriminiert.” Erstmals habe sich die hessen-nassauische Kirche dezidiert per Synodenbeschluss gegen Gottes Wort entschieden. Die Kirche diskriminiere damit “die Leute, die die Bibel ernstnehmen”. Geiss rechnet mit einer “Austrittswelle” unter den Pietisten. Viele hätten vor dem Segnungsbeschluss erklärt: “Wenn das passiert, ist für uns das Mass voll.” Geiss erwartet, dass bis zu 20 Prozent der Chrischona-Mitglieder in Hessen die Kirche verlassen. Das Gemeinschaftswerk hat in Deutschland rund 6.000 Mitglieder, davon mehr als 4.000 in Hessen. In einem Positionspapier des Verbandes vom September heisst es, unter den Mitgliedern wachse die Kritik am theologischen Kurs der EKHN. Man werde niemanden hindern, “wenn er die Entscheidung für sich trifft, die Mitgliedschaft in der EKHN zu beenden”. Wie Geiss weiter sagte, werde der Gemeinschaftsverband seinen Status als freies Werk in der Kirche “zunächst nicht verändern”.

Bekennende Gruppen: EKHN ist keine evangelische Kirche mehr

Noch schärfer als die Gemeinschaftsverbände gehen eine Reihe bekennender evangelischer Gruppen mit der EKHN ins Gericht. Mit dem Beschluss habe diese “öffentlich erkennbar aufgehört, evangelische Kirche in der Nachfolge der Reformation zu sein”. So heisst es in einer gemeinsamen Erklärung des Rates Bekennender Evangelischer Gemeinden, des Evangelischen Aufbruchs in Deutschland, der Akademie für Reformatorische Theologie und drei weiterer Initiativen. Nach ihrer Ansicht sind Christen in Deutschland “unübersehbar mit dem Ende eines dramatischen Verfallsprozesses konfrontiert: Sie müssen neu lernen, dass nicht überall, wo ein Kirchturm steht, auch Kirche Jesu Christi anzutreffen ist”. Die EKHN habe sich “in einem öffentlichen Akt über die Heilige Schrift als verbindliche Lehr- und Lebensgrundlage der Kirche Jesu Christi hinweggesetzt”. Diese Landeskirche reduziere sich auf eine “blosse religiöse Bedürfnisbefriedigungsanstalt”. In der Erklärung rufen die Gruppen die evangelischen Christen auf, “sich im Sinne Bekennender Kirche zu formieren und damit Institutionen wie die EKHN abzulösen, die nur dem Schein nach evangelische Kirche sind”. Auf dem Gebiet der EKHN gebe es bereits eine Bekennende Evangelische Gemeinde in Giessen. Abschliessend heisst es: “Das Ende der EKHN ist nicht das Ende der Kirche, sondern der Anfang von Kirche in neuer Gestalt.”

Datum: 10.12.2002
Quelle: idea Deutschland

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