1980 wurde im Süd-Jerusalemer Stadtteil Talpiot eine Grabkammer mit zehn Kästen von 2000 Jahre alten Gebeinen entdeckt, die Anlass zu Spekulationen geben. Sechs dieser Ossuaren genannten Steinkästen sind beschriftet. Die Inschriften – ausser einer alle in Hebräisch oder Aramäisch – sollen Jesus, Maria, Matthäus, Joseph, einen Bruder von Jesus, und angeblich „Juda, Sohn von Jesus“ bezeichnen. In griechischen Buchstaben eingeritzt ist "Mariamene e Mara", was als „Maria .. Meisterin“ übersetzt werden und laut dem Harvard-Professor François Bovon auf Maria Magdalena hinweisen könnte. DNA-Reste aus den Ossuarien "Jesus" and "Mariamene" wurden von den Filmemachern, dem US-Bibelwissenschaftler James Tabor und dem britischen Archäologen Shimon Gibson, einem kanadischen Spezialisten zur Untersuchung gegeben. Normalerweise seien zusammen Bestattete entweder blutsverwandt oder Gatten, heisst es. Das Ergebnis der Analyse (die DNA-Spuren aus den beiden Kästen zeigen keine Blutsverwandtschaft an) lässt die Filmemacher mit der Vermutung auftrumpfen, Jesus und Mariamene könnten ein Paar gewesen sein – und Juda ihr Sohn. „Das verlorene Grab von Jesus“ heisst der Film, den der Discovery Channel nun lanciert. Weiter liessen die Filmemacher den Mathematikprofessor Andrey Feuerverger von der Universität Toronto ausrechnen, wie wahrscheinlich das Zusammentreffen der genannten Namen wäre, sollte es sich nicht um Jesus und seine Angehörigen handeln. Feuervergers Ergebnis: 1:600. Der Jerusalemer Archäologie-Professor Amos Kloner, der 1980 die Ausgrabungsarbeiten in Talpiot leitete und später auch den wissenschaftlichen Bericht darüber verfasste, bezeichnete die Behauptungen der Filmemacher als „unmöglich“ und „Unsinn“. Der Zeitung ‚Jerusalem Post’ sagte er, es sei ganz unwahrscheinlich, dass der Galiläer Jesus und seine Angehörigen in Jerusalem ein Familiengrab besessen hätten. Weitere Fachleute wie der Leidener Neutestamentler Jürgen Zangenberg oder der Archäologe Gunnar Lehmann von der Ben Gurion Universität in Beersheva nannten das Vorgehen Tabors und Gibsons „nicht seriös“ und „ausgesprochen unwissenschaftlich“. Die biblischen Berichte machen deutlich, dass Jesus nahe bei der Hinrichtungsstätte begraben wurde – in einem neuen, zuvor nicht benutzten Grab (Johannes 19,41.42). Sie stimmen darin überein, dass am dritten Tag das Grab leer aufgefunden wurde, weil Jesus auferweckt worden war (Matthäus 28). Die Hinrichtungsstätte liegt westlich oder nördlich der Jerusalemer Altstadt, nicht mehrere Kilometer südlich wie das heutige Stadtviertel Talpiot, das sich zwischen Jerusalem und Bethlehem befindet. Mediale Aufmerksamkeit erregt der weltweit vermarktete Film, weniger als ein Jahr nach dem Da-Vinci-Code durch die Prominenz von Titanic-Regisseur James Cameron, der für Spielszenen als Executive Producer beigezogen wurde und sich hinter die Behauptungen stellte („Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht – nun kann die Debatte beginnen“). Zudem hat die Israelische Altertumsbehörde einige Beinkästen für die Filmvorstellung nach New York ausgeliehen. Die Behörde nehme damit nicht Stellung zu den Behauptungen im Film, sagte eine Sprecherin. Für Professor Kloner ist der Verleih einfach eine grosse Dummheit. In der Behörde wisse die linke Hand nicht, was die Rechte tue…Ein Jesus und eine „Mariamene“
Der Leiter der Ausgrabung: „Unsinn“
Medien-Hype
Datum: 27.02.2007
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch