Schweizer Freidenker

Kreuze auf Berggipfeln verbieten?

Geht es nach dem Willen der Freidenker-Vereinigung Schweiz, sollen künftig keine neuen Gipfelkreuze mehr erstellt werden dürfen. Berge seien auch öffentlicher Raum und der solle frei sein von religiösen Zeichen.
Ein Dorn im Auge der Freidenker: Kreuze auf Berggipfeln.

Nach Ansicht der Freidenker-Vereinigung haben religiöse Symbole nicht nur in Schulzimmern, sondern generell in öffentlichen Institutionen nichts zu suchen. Überall dort, wo sich der Staat repräsentiere, müssten religiöse Zeichen entfernt werden.

«Wir wollen auch keine neuen Gipfelkreuze», sagt Reta Caspar, Geschäftsführerin der Freidenker. «Die meisten von ihnen wurden ja vor 1969 erbaut, also vor Inkrafttreten des heutigen Raumplanungsgesetzes. Heute braucht es dafür eine Baubewilligung. Und da erwarten wir von den Behörden, dass sie äusserste Zurückhaltung üben.» Dies betreffe dann auch den Ersatz bereits bestehender Kreuze.

Gesellschaft ändert sich

Casper weist darauf hin, dass die Mitgliederzahlen der Kirchen stetig abnehmen, mittlerweile würden sich 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung in der Schweiz keiner Glaubensgemeinschaft zuordnen. Dem gelte es Rechnung zu tragen.

Gipfelkreuze seien Kultur. Sie stünden seit Jahrhunderten und sollten noch Jahrhunderte stehen, meint hingegen Urs Wellauer, der den Bergführerverband präsidiert. Derweil plant der Freiburger Bergführer Patrick Brussard, der vor einem Jahr mehrere Gipfelkreuze «als Reaktion auf die Untaten der Kirche» abgesägt hatte, eine Initiative gegen die christlichen Zeichen auf den Berggipfeln.

Braucht es eine Toleranzregelung?

Die Freidenker berufen sich bei ihrem Kampf gegen die Kreuze auf einen Entscheid des schweizerischen Bundesgerichtes aus dem Jahre 1990. Damals kam das höchste Schweizer Gericht im Fall der Tessiner Gemeinde Cadro zum Schluss, dass Kruzifixe in öffentlichen Schulen die Religionsneutralität verletzen. Der ehemalige Bundesrichter Giusep Nay – der nach eigenen Angaben bei diesem Urteil nicht dabei war – vermutet, dass das Gericht heute nicht unbedingt gleich entscheiden würde. Denn in den letzten zwanzig Jahren habe sich viel verändert. Seines Erachtens wäre eine Toleranzregelung heute viel wichtiger als ein Verbot.

Unsere Gesellschaft entwickle sich immer mehr zu einer multireligiösen, in der auch andere Religionen präsenter seien. Deshalb könne man die ganze Frage des Umgangs mit religiösen Symbolen nur mit Toleranz lösen, betonte Nay. «Ich bin schon der Meinung, dass auch religiöse Zeichen einer Mehrheit einer Gesellschaft Platz haben müssen und von Angehörigen anderer Religionen oder Nichtgläubigen akzeptiert werden müssen.»

Kantone könnten Initiative ergreifen

Nach Ansicht des ehemaligen Bundesrichters könnten in dieser Frage die Kantone das Heft selber in die Hand nehmen: «Kantone könnten festlegen, dass wir in einer multireligiösen Gesellschaft leben und deshalb allen religiösen Symbolen gegenüber tolerant sind.»
 

Datum: 27.10.2010
Quelle: Kipa/Blick

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