Eine charismatische Bewegung wird authentischer
Hans Bürki (10. Januar 1925 - 24. April 2002) war der Mitbegründer und langjährige Generalsekretär der VBG. Gerade auch als Theologe und Buchautor – u.a. schrieb er den Kommentar zu den Pastoralbriefen in der bekannten Wuppertaler Studienbibelreihe – prägte er viele durch seine in der Bibel verankerte Spiritualität. Als Hans Bürki sich dann 1975 zum Transaktionsanalytiker ausbilden liess, löste dies bei vielen Fragen aus. Im Rahmen des neu von ihm gegründeten Vereins «Integratio» führte er über Jahrzehnte Kurse im In- und Ausland im Grenzbereich zwischen Psychotherapie und Seelsorge durch, die auch Spuren im evangelischen Verband BewegungPlus hinterliessen.
Pastorenkurse verändern eine Bewegung
Toni Nyffenegger war damals ganz frisch Präsident der BewegungPlus. Er besuchte in einer Zeit der persönlichen Neuorientierung beinahe heimlich einen dieser Kurse von Hans Bürki. «Heimlich» wohl deswegen, weil damals die Integration von Psychologie und Seelsorge, Theologie und Meditation auch für eine pfingstlich-charismatische Bewegung keine Selbstverständlichkeit war. Es dauerte nur wenige Jahre, bis dann Toni Nyffenegger innerhalb der BewegungPlus Pastorenkurse anbot, die die zwischenmenschliche Atmosphäre innerhalb der Bewegung, aber auch die grundsätzliche Sicht von Psychologie und Glaube nachhaltig verändern sollten.
Wenn Gläubige ihr Menschsein entdecken
So banal es klingen mag: Gläubige sind auch Menschen – und unterliegen den gleichen Gesetzen, wie der Rest der Schöpfung. Nur wird diese geschöpfliche Dimension oft aufgrund eines einseitigen Verständnisses von Geistlichkeit vernachlässigt oder gar geopfert. Hans Bürki hatte als persönlicher Mentor von Toni Nyffenegger damit auch gleich die Pastorenschaft einer ganzen Bewegung herausgefordert, ehrlich zu werden: Wer sich seinem Menschsein nicht stellen will, wird auch seinen Glauben nicht authentisch leben können. Die Transaktionsanalyse war dabei nicht mehr als ein hilfreiches Werkzeug, um ernsthaft über die eigene Lebensgestaltung nachzudenken.
Das Besondere dieser Kurse aber war, dass die Eigenarbeit durch einen auf Christus ausgerichteten Glauben gehalten wurde: Es gibt keine Gotteserkenntnis ohne den Mut zur Selbsterkenntnis – gleichzeitig macht Jesus es erst möglich, dass ich mich in mir nicht verliere.
Jesus offenbart sich mitten in unserer Zerbrechlichkeit
Das Erbe von Hans Bürki, das uns Toni Nyffenegger vermittelt hat, machte die BewegungPlus menschlicher und wohl auch ehrlicher. Wenn Aussenstehende neu zu unserer Pastorenschaft hinzustossen oder an nationalen Konferenzen teilnehmen, wird öfters die spürbare Ehrlichkeit betont.
Inzwischen haben praktisch alle PastorInnen und auch viele nebenamtliche Leiterpersönlichkeiten aus der Bewegung diese Kurse besucht. Die aktuell jährlich stattfindenden Life-Revision-Kurse halten bei mir persönlich und allen Teilnehmenden die Erkenntnis frisch: Meine menschlich-zerbrechliche Seite ist kein Feind, sondern der Ort, wo sich Christus offenbaren will.
Datum: 01.10.2012
Autor: Meinrad Schicker
Quelle: Livenet / ideaSpektrum Schweiz