Analyse im Livenet-Talk

Der Umgang mit Corona in den Kirchen

Mit Annelies Wilder-Smith und Vinzenz Wyss durften zwei sehr fachkompetente Persönlichkeiten im Livenet-Talk begrüsst werden. Im zweiten Teil der Zusammenfassung geht es um den Umgang mit Fakten und über die Kirche.
Die Talkgäste Annelies Wilder-Smith und Vinzenz Wyss (Bild: Livenet)

Nachdem es im ersten Teil des Talks allgemein über das Misstrauen gegenüber Medien während der Corona-Pandemie geht, rückt im zweiten Teil die Kirche in den Mittelpunkt. Annelies Wilder-Smith, selbst Teil einer Freikirche in Luzern, machte ernüchternde Erfahrungen. «Leider sind die ganzen Streitigkeiten durch die Kirchen gegangen – und auch durch die Familien.» Konflikte müssten mit Respekt und Zuhören angegangen werden. «Es ist wichtig, den anderen nicht lächerlich zu machen.»

Ein grosses Konfliktpotential erkennt Wilder-Smith in unterschiedlichem Umgang mit der Wissenschaft. «Von meiner Theologie und meiner Weltvorstellung her bin ich pro Wissenschaft. Ich glaube, dass Gott für die Wissenschaft ist und will, dass wir unseren Verstand gebrauchen.» Da aber nicht jeder diese theologische Überzeugung teilt, gebe es in fast jeder Gemeinde Probleme.

Wyss glaubt, dass Kirchen weniger zu einem gewissen Verhalten aufrufen, sondern sich vielmehr auf ihre Werte besinnen sollten. «Eine Impfempfehlung, wie sie beispielsweise vom Verband Freikirchen oder vom Papst gemacht wurde, geht meines Erachtens sehr weit.»

Die Krise als Chance erkennen

«Für die Kirche ist jede Krise auch eine Chance», bringt Wilder-Smith einen neuen Gedanken rein. «Mit Kreativität haben wir am Anfang der Pandemie Wege gefunden, um auch kirchenfremde Menschen 'zur Kirche' einzuladen. Ich habe gehört, dass in den ersten Monaten viele Menschen zum Glauben gekommen sind.»

Leider kam es dann innerhalb der Kirche zu Spannungen. «Wie wir als Kirche mit dieser Pandemie umgegangen sind, könnte zu einem Verlust unseres Rufs führen. Und davor habe ich mehr Sorge als vor der ganzen Pandemie.» Die Streitereien von Christen haben einen Schatten auf die Kirchen geworfen. Die Verbundenheit, welche Anfangs spürbar war, ging verloren. «Als Kirche müssen wir zusammenkommen, nach der Wahrheit suchen, Fakten anschauen und nicht einfach unter den Tisch wischen, was wir nicht hören wollen.»

«Ich bin auch dafür, gemeinsam die Fakten anzuschauen», stimmt Wyss zu. «Aber: Was sind relevante Fakten? Es gibt Menschen, die sagen, Impfen sei nicht die einzige wichtige Strategie und diskutieren Alternativen.» Es sei schwer zu beurteilen, welche Fakten relevant sind. Für ihn gehöre die Diskussion über alternative Möglichkeiten auf jeden Fall zu den Fakten dazu, über die gesprochen werden muss. «Es geht mir um den Modus einer Alternativlosigkeit. Als Mainstream haben wir einen dominanten Narrativ, dass es nur einen einzigen gangbaren Weg gibt. Und wer diesen Weg nicht geht, macht sich verdächtig.»

Auch Wissenschaftler beten

«Ich habe seit Monaten intensiv dafür gebetet, dass der Virus milder wird», erzählt Wilder-Smith. «Omikron hat jetzt einen milderen Lauf.» Sie hätte die Gebetserhörung lieber früher gehabt, sagt sie und lacht herzlich. Trotzdem glaubt sie, dass die Impfung die kosteneffizienteste und schnellste Lösung aus der Pandemie ist, räumt aber ein, dass wir mit der aktuellen Impfung noch nicht bei der Lösung angekommen sind. «Ich glaube, dass wir einen Impfstoff brauchen, welcher die Übertragung noch besser verhindert.»

Grundsätzlich sollten die positiven Dinge der Pandemie gesehen werden. «Mehr Zeit für die Familie zu haben, gut zu kochen, mehr Zeit zu Hause zu verbringen und weniger zu Reisen. Weniger Stress haben, besser schlafen.» Annelies Wilder-Smith habe Freundschaften in aller Welt aufgebaut. «Mit Telefon oder Zoom gibt es hierzu ja gute Möglichkeiten.»

Sehen Sie sich hier den ganzen Livenet-Talk an:

Zum Thema:
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Datum: 20.01.2022
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet

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