Ein Glied in der Kette

Ein Zwischenfall an den Olympischen Spielen in Athen hat mich zum diesem Weg-Wort bewogen. Bei den Mountain-Bikes (Bergfahrräder) Rennen riss die Kette am Fahrrad von Christoph Sauser und das Rennen in aussichtsreicher Position war aus und vorbei. Ein Traum auf eine Medaille war damit geplatzt.

Dieses Beispiel zeigt wie wichtig jedes Glied in einer Kette ist, denn eine Kette ist nur so stark wie das schwächste Glied. Ein Gemeinwesen kann man mit einer Kette oder mit dem Körper vergleichen werden, das beschreibt schon die Bibel: „Ihr aber seid der Leib Christi und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm.“(1.Kor 12,22)

Der Berner Dichter Rudolf von Tavel lässt Adrian von Bubenberg sagen: „Mir sie alli nume es Glied i der Chetti, aber wenn en einzige Ring nid het, so isch die ganzi Chetti nüt nutz“.
Eine Gesellschaft wird daran gemessen, wie sie mit ihren Schwächsten umgeht. Doch leider zählt heute vielfach nur wer Leistung erbringt. Schwache haben kaum eine Chance. Im Neuen Testament wird das allerdings sehr relativiert. So kann Paulus schreiben: „Das Schwache in der Welt hat Gott erwählt, um das Starke zuschanden zu machen.“ (1.Kor.1,27) oder an anderer Stelle: „Wenn ich schwach bin ich stark“ (2.Kor 12,10.).

Aus diesen Texten wird deutlich wie die Bibel den Schwachen in unserer Gesellschaft eine grosse Bedeutung zumisst. Das betont selbst Jesus, wenn er sagt: „Was ihr einem diesen Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.“ In der Bergpredigt werden die, die Glücklichen genannt, die nichts aufzuweisen haben und ohne Gewalt sich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen. Darum stärken letztlich die Schwächsten eine ganze Kette.

Zurück zum Bruch der Fahrradkette von Christopf Sauser, der hätte wahrscheinlich nicht soviel Aufmerksamkeit in den Medien bekommen, wenn er ohne Zwischenfall ans Ziel gekommen wäre, nur dann, wenn er eine Medaille gewonnen hätte.

Der Trost für Paulus war die Zusage Gottes. „Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit.“

Datum: 11.09.2004
Autor: Roman Angst
Quelle: Bahnhofkirche Zürich

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