Reich und Arm (Psalm 49)

Die Schweiz ist reich, sehr reich. Nur ist der Reichtum sehr einseitig verteilt. 3% der privaten Steuerpflichtigen verfügen über gleichviel steuerbares Nettovermögen wie die restlichen 97%! Kaum in einem anderen Land ist die Diskrepanz so gross wie bei uns. Und der Trend verstärkt sich – bei uns und weltweit: Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer und der Mittelstand verschwindet auf die Seite der Armen.

Reich und Arm – das ist auch das Thema des 49. Psalms. Was den Psalmbeter dort bewegt, ist die Tatsache, dass Reiche und Arme genau gleich sterben müssen. Von den Reichen wird gesagt: „Sie verlassen sich auf ihr Geld und tun gross mit viel Reichtum. Doch können auch sie sich nicht loskaufen, nicht Gott ein Lösegeld geben. ... Auch der klügste Mann muss sterben. Und ein Narr und ein Dummkopf gehen genauso zugrunde.“ (Ps 49.7f,11) Und der Psalmbeter betont, dass das letzte Hemd keine Taschen hat, und tönt an, dass die Armen durch den Tod erlöst und die Reichen in die Dunkelheit geschickt werden.

Mir reichen diese Gedanken nicht. Sie sind mir zu allgemein und zu schwarz-weiss, zu Jenseits-orientiert. Dazu brennt in dieser Welt das Problem zwischen Reich und Arm einfach zu stark. Veränderungen im Hier und Jetzt stehen dringendst an. Wie kann dazu Motivation und Bewegung entstehen?

Ernährung, Gesundheit und Bildung für alle – das würde helfen. Wie können wir bei den Reichen die Einsicht wachsen lassen, dass das breit und grenzenlos gefördert werden sollte? Wie können wir erreichen, dass es spürbar weh tut, wenn wir uns da verweigern; und dass es spürbar gut tut und Vertrauen, Frieden und Verständigung schafft, wenn wir beginnen zu teilen, zu fördern, zu ermöglichen und ermächtigen?

Herr, Gott, hilf uns, hier und heute solidarisch zu teilen und zu leben, damit wir alle mit der gleichen Zuversicht leben und sterben können!

Datum: 21.11.2006
Autor: Roman Angst
Quelle: Bahnhofkirche Zürich

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