Bundestag der Baptisten

«God's Empire, our Church»

Der Bundestag 2020 der Schweizer Baptistengemeinden stand ganz im Zeichen des Gemeindegründungsprojektes im Glattpark, welches mit einem Projektteam aus Bülach neu aufgegleist wird.
Am Bundestag der Baptistengemeinden: Rita Haudenschild und Dr. Stefan Schweyer (Bild. zVg)
Sacha Ernst von AVC (Bild: zVg)

Rund 90 Vertreter der acht Schweizer Baptistengemeinden (Zürich, Thalwil, Bülach, St. Gallen, Basel, Schaffhausen, Baden-Wettingen, Lugano) trafen sich am 12. September im «Ambassador House» im urbanen Wohnquartier Glattpark (Opfikon) zum Bundestag 2020. Moderiert von Rita Haudenschild und Michael Abegg, ging es beim Tagesthema «God's Empire, our Church» darum, wie Gottes Reich in den Gemeinden (und darüber hinaus) noch mehr Raum gewinne.  

Projekt Glattpark-Kirche

Michael Sieber, Pastor der Bülacher Gemeinde, berichtete über das Gemeindegründungs-Projekt «Kirche im Glattpark». Ein  Kernteam hat sich der Gemeindegründungsbewegung 'Gemeindegründung Schweiz' angeschlossen. Da gibt es Schulungen, Koordination und Unterstützung. Für das «urbane Multikultiquartier» gibt es auch schon Pläne. An der Bundesversammlung am 14. November soll über einen Antrag des Kernteams und weitere Schritte entschieden werden. Infos finden sich auf der Homepage der Baptisten, wo man auch den Newsletter bestellen kann. Das Projekt wurde grundsätzlich von allen Baptistengemeinden gutgeheissen.

«Gott suchen lohnt sich»

Sacha Ernst, Koordinator für Nothilfe für verfolgte Menschen bei der AVC (Aktion für verfolgte Christen und Notleidende), machte in seinem Referat Mut, als Christ «das Herz in die Hand zu nehmen» und als «königliche Priester» den Glauben «ohne grossen Firlefanz» im Alltag zu leben. Er wünsche sich eine tiefe Sehnsucht nach Gott, «wie ein Hirsch der nach Wasser lechzt» (Psalm 42).

Christentum sei die am schnellsten wachsende Religion; in Ländern wie etwa dem Iran erlebt er eine enorme Offenheit für den «Gott der Bibel». «Wir Westler denken (zu) viel und glauben (zu) wenig», meinte Ernst. Sacha Ernst selber erlebt Gottes Wirken gerade nach Zeiten des Fragens, Betens, Fastens besonders intensiv. Und Gottes Reich wachse gerade in der heutigen Zeit so sehr wie noch nie. In China seien ortsweise 30 Prozent Christen geworden, die Muslime seien so offen, die Chancen sie zu erreichen dank Satellitenfernsehen oder Internet so gut wie noch nie. «Lasst uns nach dem Gottfaktor fragen», machte er Mut.

Ernst erinnerte auch an die etwa 1,6 Mrd. Menschen, die von Hungersnot betroffen seien; in Indien habe er eine fünf Kilometer lange Menschenschlange vor der Lebensmittel-Versorgung gesehen. «Wenn es der Welt dreckig geht, sind wir Christen die Lösung für die Welt.» Menschen liessen sich durch authentische Menschen überzeugen.

Ayatollah, Kurdenführer

Ein einflussreicher Ayatollah sei an der Türschwelle einer Kirche, die er zerstören wollte, Gott so intensiv begegnet, dass er auf der Stelle Christ wurde, zu evangelisieren begann, ins Gefängnis kam und gefoltert wurde. Seine Tochter begann, Bilder zu malen, etwa von Bartimäus und Jesus; dieses kaufte Ernst ihr ab, um ihr ein vorläufiges Einkommen zu ermöglichen, und nahm es zum Bundestag mit. Beim Engadin Skimarathon durfte er einem Bundesrat über den Glauben berichten; im kurdischen Grenzgebiet traf er den Kurdenführer, der über rund zehn Millionen Kurden bestimmt, zum Nachtessen. Deshalb kann jetzt im ganzen Gebiet das Evangelium via Fernsehen verbreitet werden.

Sehnsucht schaut vorwärts

Dr. Stefan Schweyer (Theologie-Professor an der STH Riehen und Uni Fribourg) referierte zum Thema Sehnsucht. Es sei ein entscheidendes Merkmal des Menschen, Träume und Fantasien zu haben. «Sie machen das Menschsein lebendig, sonst sind wir wie Wildtiere.» Sehnsucht habe mit Erfahrenem, wie auch mit der «Ahnung, dass es noch mehr gibt» zu tun und stehe so zwischen Realität und Ahnung. «Sehnsucht ist gut!», meinte Schweyer.

Er verglich das Leben mit dem Autofahren: Der Rückspiegel als Rückwärtsblick, das Seitenfenster als Blick seitwärts und die Frontscheibe als Blick vorwärts. Rückwärts zu schauen, das Rad zurückzudrehen nach dem Motto «Früher war alles besser», sei verständlich, aber eine schlechte Ausrichtung oder sogar gefährlich, da das Frühere nicht mehr zurückzuholen sei. «Aber die Urgemeinde gemäss Apostelgeschichte mit dem gemeinsamen Teilen, den Wundern etc. war schon fantastisch; wer das nicht ersehnt, muss ein Panzerherz haben!», meinte er. Seitwärts zu schauen, vergleichen, den Blick von sich selbst lösen, sich anstecken lassen, sei hilfreich. Ständig zu vergleichen führe aber zu Stress, Druck und Frust.

Vorwärtsgang gibt Schub

Wichtig sei deshalb der Blick nach vorne, dies gebe den nötigen Schub. Der Blick in die Zukunft sei die Chance zur Erneuerung, auch in der Gemeinde. «Wir Menschen sind Vorwärts-Augen-Menschen; schau die Gemeinde aus Gottes Perspektive an, was er mit Schwachen tut. Wir sind Teil von Gottes grosser Vision, Teil seines Werks; deshalb lasst uns an unsere Zukunft erinnern», sagte Schweyer begeistert. Es lohne sich dranzubleiben, ohne sich zu verkrampfen.

Wie Gemeinde funktioniert

Auf die Frage, wie Gemeinde funktionieren könne, meinte Schweyer, es brauche sowohl «Hirten» wie auch Visionäre, auch die Vernetzung mit Leuten ausserhalb der Kirche sei sinnvoll. Lokale Freikirchen tendierten dazu, intern und autonom zu denken und agieren; der Blick über den Gartenhaag hinweg weite den Blick. In der Kirchengeschichte, so Schweyer, habe sich übrigens der Umgang mit dem Apostolischen Glaubensbekenntnis als Systematik zur christlichen Lehre zusammen mit dem bewussten Leben in den 10 Geboten (der christlichen Ethik) und dem häufigen Gebrauch des «Vater Unser» sehr bewährt. 

Vom Letzten zum Vorletzten

Nach einem «Prayer Walk», bei dem in Gruppen etwa für die Ausländergruppen und Kulturen oder für Kinder, Familien und Ehen im Glattpark gebetet wurde, traf man sich nochmals im Ambassador House, wo Stefan Schweyer und Sacha Ernst für Fragen zur Verfügung standen. Im Zusammenhang mit Covid-19 wurde etwa empfohlen, die Regeln einzuhalten, ohne sich aber allzusehr zu ängstigen, aber auch nicht hochmütig und negativ zu werden. Bonhoeffer wurde zitiert: «Ewigkeit ist das Letzte, wir aber sind noch im Vorletzten», in dieser Welt. Und sollen deshalb gut miteinander und dem Planeten umgehen. Die Sicht auf das Letzte helfe dabei, gelassener mit dem Vorletzten umzugehen.

Zur Webseite:
Schweizer Baptistengemeinde

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Datum: 29.09.2020
Autor: Rolf Frey
Quelle: Livenet

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