«Touristen sind in den Ferien besonders offen für Spirituelles»
«Touristen sind in den Ferien besonders empfänglich für Spiritualität», sagt Michael Landwehr, Pfarrer in Samedan und Präsident des neu gegründeten Vereins Kirchen und Tourismus Schweiz. Das zeigen mehrere Studien und das erklärt auch Urs Wohler, aktueller Geschäftsleiter der Berner Niesenbahn AG und viele Jahre Mitglied in der Kommission Kirche im Tourismus der Bündner Landeskirche. «Kirchen ermöglichen für Touristen eine besondere Bindung zum Ferienort.»
Auf «Radio Südostschweiz» ergänzt Michael Landwehr: «Sinnstiftendes Reisen und spiritueller Tourismus liegen im Trend.» Die grossen Pilgerströme auf dem Jakobsweg sind ein Zeichen dafür. Hanspeter Danuser sagt als langjähriger Tourismusdirektor in St. Moritz sogar: «Während die Kirchen aller Konfessionen gegen Besucherschwund kämpfen, ist die Nachfrage nach kirchlicher Betreuung und Dienstleistung seitens Feriengäste in den letzten Jahren eher angestiegen. Die Schweiz ist ein Tourismusland par excellence. Es steht ihr gut an, mit diesem Einbezug der Kirchen in die touristische Realität eine Pionierrolle zu spielen.»
Im Urlaub offener für Gott
Ein gutes Beispiel ist Christoph Gysel, der seit vielen Jahren Tourismuspfarrer in Saas Fee inmitten der höchsten Berge der Schweiz ist. Er wurde sogar Präsident und Animationsverantwortlicher von Saasfee/Saastal-Tourismus. Als evangelischer Tourismuspfarrer im Kanton Wallis (Teilzeitjob) koordiniert er die Gottesdienste in den Ferienzentren, predigt, tröstet, traut auch mal ein Pärchen in einer Bergkapelle. Er sieht das als grosse Chance: «Viele Gäste sind im Urlaub viel offener für Gott.» Der vielbegabte Tourismuspfarrer ist auch Sagenerzähler, Dorfführer, Texter, Blogger und Kolumnist der Tourismusorganisation. Als Pfarrer möchte er die Gesellschaft mitprägen und verändern und erlebt daher das Leben als spannendes Abenteuer.Ein Tag zum Nachklingen
Es gibt weitere Beispiele von Tourismus-Angeboten von Kirchen: Die Kirchgemeinde Andeer lancierte eine E-Bike-Tour von Kirche zu Kirche im Schams. Im Oberengadin wurde das Projekt «Kirche im Grünen» gestartet. Die Leute können nach einer Wanderung um 11 Uhr an einem Berggottesdienst teilnehmen. Oft wirken Alphörner mit.
Ein Kirchenklingen am Schamsberg bieten Pfarrerin Suzanna Hulstkamp und die Sängerin Maria Walpen an. Sie empfangen Mountainbiker auf dem Kirchhügel von Casti. Weit oben steht die Kirche von Wergens. Aus der Kirche ertönt eine Stimme von Maria Walpen. Sie lädt ein, einen weiteren Raum singenderweise zu erkunden. Diesmal mit einem Alpsegen. Nächster Halt ist bei der Kirche Fardün. Jetzt wird eine Kyrie gesungen. «Kirchen sind Orte, da man sich öffnen kann», sagt Maria Walpen beim Abschluss unter der weltberühmten Zilliser Kirchendecke und ist überzeugt: «Der Kirchenklingen-Kirchensingen-Tag wird nachklingen.»
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Datum: 07.03.2021
Autor: Markus Baumgartner
Quelle: Dienstagmail