Begegungstag in Zürich: Reformierte setzen Gedenktafel für verfolgte Täufer

Ging gegen abweichende Lehren vor: das strenge Bullinger-Denkmal am Grossmünster
Eintauchen ins 16. Jahrhundert: Ausstellung im Grossmünster
Die Geschichte ans Licht bringen: Philipp Dätwyler (rechts) betreut den Täufertag und die Grossmünster-Ausstellung zum Bullinger-Jubiläum.
Pfr. Geri Keller von der Winterthurer Stiftung Schleife, der vor einem Jahr eine Versöhnungskonferenz leitete, ist als Teilnehmer in Zürich dabei.

Eine Gedenktafel in Zürich soll künftig an die Täufer erinnern, die unter den Reformatoren Zwingli und Bullinger ihre Überzeugung mit dem Tod bezahlten. Sie wird am kommenden Samstag eingeweiht, im Rahmen eines Begegnungstages, der anlässlich von Bullingers 500. Geburtstag Reformierte und Täufer aus aller Welt zusammenführt.

„Die Reformation und die Täufer – gegeneinander, nebeneinander, miteinander“: Unter diesem Titel wollen die Reformierten in Zürich mit Täufern deren Verfolgung in der Reformationszeit zur Sprache bringen und weitere Zeichen der Versöhnung setzen. Dazu wurden etwa 150 Vertreter täuferischer Kirchen, namentlich Mennoniten, aus der Schweiz und Europa sowie aus Nordamerika eingeladen.

Zusammen sehen, was aus einer Wurzel wuchs

Die Teilnehmenden wollen am Samstag nicht nur die Schattenseiten ihrer Geschichte ansehen und fragen, wie es dazu kam, sondern auch in der Begegnung Anstösse suchen, die dem glaubwürdigen Zeugnis von Christus dienen. Einem Einstieg mit Zeugnissen und Liedern folgen Ateliers, ein Festgottesdienst und abends die Einweihung der Gedenktafel sowie ein Programm mit Musik und Geschichten von Mennoniten und Amischen.

Mitwirken werden unter anderem Larry Miller von der Mennonitischen Weltkonferenz und Lloyd Hoover, Mennonitenbischof in Pennsylvania. Ein Mennonitenchor aus dem Berner Jura wird singen. Die reformierte Seite ist auch durch den Generalsekretär des Reformierten Weltbunds Setri Nyomi und SEK-Ratspräsident Thomas Wipf vertreten.

Der Gastgeber, der Zürcher Kirchenratspräsident Pfr. Ruedi Reich, hat mehrfach bekundet, dass die Verfolgung der Täufer aus heutiger Sicht als Verrat am Evangelium anzusehen ist. Anderseits war die Zeit nicht reif für die konsequente Forderung nach individueller Religionsfreiheit (inkl. Verweigerung von Bürgerpflichten), wie sie uns heute selbstverständlich ist.

Verfolgung über fünf Generationen

Die Tafel aus schwarzem Basaltstein wird in der Ufermauer an der Limmat angebracht – an der Schipfe, dort wo die Hinrichtungen stattfanden, wie Philippe Dätwyler, Kulturbeauftragter der reformierten Landeskirche, vor den Medien sagte.

Gewidmet ist die Tafel Felix Manz, einem Täufer der ersten Generation, und seinen Glaubensgenossen. Manz wurde 1527 in der Limmat ertränkt. Weitere Ertränkungen folgten 1528, 1530 und 1532. Heinrich Bullinger, seit 1531 an Zwinglis Stelle, verfasste zwei grosse Schriften zur Abwehr täuferischer und anderer Lehren in Europa, welche in seinen Augen die Reformation gefährdeten.

Doch nach seinem Tod 1575 breiteten sich täuferische und verwandte Strömungen wieder auch, sogar in den besseren Kreisen der Limmatstadt, wie der mennonitische Historiker Hanspeter Jecker gegenüber Livenet sagte.

Der letzte in Zürich hingerichtete Täufer war 1614 Hans Landis. Noch während Jahrzehnten wurden die Täufer in Zürich diskriminiert und mit Konfiskationen geschwächt. Infolge dieser Unterdrückung gibt es heute in der Schweiz östlich von Baselbiet und Emmental keine Mennonitengemeinden.

Landeskirche anerkennt Schuld

Dabei waren sich Täufertum und Reformation zu Beginn durchaus nahe, wie Jecker vor den Medien erklärte. Die Entzweiung zwischen Zwingli und den Täufern ab 1523 war vorab Folge unterschiedlicher Auffassungen darüber, wie rasch und wie umfassend die Reformation vorangetrieben werden sollte. Es kam dann noch ein Streit über die Taufe hinzu.

Mit der Gedenktafel wollen die Zürcher Reformierten ein äusseres Zeichen ihres Willens zur Versöhnung setzen. Adressaten sind die Nachfahren der Täufer. Die Täuferbewegung ist eine der Wurzeln der heutigen Hutterer, Mennoniten und der Amischen sowie zum Teil auch der Baptisten.

Rechtzeitig zum Täufertag wird im Kulturhaus Helferei neben dem Grossmünster die Sonderausstellung «Täufer, Amische, Mennoniten» eröffnet. Sie läuft bis Anfang September.

Programm und Anmeldung zum Täufertag:
www.der-nachfolger.ch/content/e164/e186/prosp_tufer.pdf

Versöhnung konkret: Ben Girods Begegnung mit Zwingli:
www.livenet.ch/www/index.php/D/article/154/8042/

Quelle: Livenet/Kipa

Datum: 24.06.2004
Autor: Peter Schmid

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