Licht und Schatten

Die Worship-Bewegung unter der Lupe

Kaum eine Bewegung hat das Gotteslob in den Gemeinden so stark gefördert wie die Lobpreisbewegung. Musikerin und Gesangspädagogin Susanne Hagen weist jetzt aber nebst vielem Positiven auch auf Herausforderungen hin.
Worship-Band (Dän Zeltner)
Susanne Hagen (ganz links) am Theologischen Seminar St. Chrischona

Susanne Hagen leitet den Bachelor-Studiengang «Theologie & Musik» am Theologischen Seminar St. Chrischona (tsc). In der neuen Ausgabe der Zeitschrift «Communicatio» des tsc spricht sie von einer «Generation Worship» und darüber, was diese auszeichnet. Für sie überwiegen die positiven Aspekte der Lobpreisbewegung bei Weitem. Sie habe zum Beispiel die Vernachlässigung von Sinnen und Gefühlen im Gottesdienst korrigiert und dem Wirken des Heiligen Geistes neuen Raum verschafft. Der Worship habe Kirchen- und Gemeindegrenzen überwunden und die Christen zusammengeführt. Und die Bewegung habe einen Musikstil hervorgebracht, der auch in der säkularen Musikwelt ein Faktor geworden sei.

«Motivierende Herausforderungen»

Susanne Hagen spricht aber auch von «motivierenden Herausforderungen für die Lobpreisbewegung». Sie hat in Kursen eine «liturgische Verunsicherung» beobachtet: «Viele tun sich schwer damit, eine Lobpreisleitung tatsächlich zu übernehmen und aktiv zu gestalten.» Musikteamleiter orientierten sich häufig an Gruppen und Personen, von denen eine kraftvolle geistliche Bewegung auszugehen scheint. Umgekehrt würden Lobpreisleiter in ihrer Verantwortung, den Gottesdienst zu gestalten und zu prägen, oft allein gelassen.

Zuviel Einerlei

Im Folgenden weist Hagen auf die Herausforderungen hin, die ihr auch als Dozentin wichtig geworden sind. Sie wünscht sich mehr künstlerische und kompositorische Qualität. Sie hat selbst erlebt, dass immer wieder die gleichen Lieder gesungen werden ohne Rücksicht auf die Feste im Kirchenjahr. Dieselben Lieder auch, ob es sich nun um eine Trauung oder Taufe handelt. Und: «Wir konzentrieren uns sehr auf das lobpreisende Ich, das sich nach den Machterweisen des Heiligen Geistes sehnt.» Trauer, Leid und persönliches Scheitern hätten darin oft keinen Platz.

Zuwenig Nachhaltigkeit

Sie beobachtet zudem einen Trend zum Neuen und Eigenen, der zu Schnelllebigkeit und wenig Nachhaltigkeit führe. Hagen wörtlich: «Die Regeln des Musikmarktes regieren und treiben die Produktion an. Weil die Möglichkeit besteht, neue Lieder einfach und günstig zu produzieren und einer grossen Öffentlichkeit zu präsentieren, hat die Kirche kaum mehr Musik, die sie wirklich (zusammen-)hält.»

Die Rolle der Performance

Lobpreismusik ist stark auf Wirkung angelegt. Daher spiele die Performance eine dominierende Rolle, stellt Susanne Hagen fest. Sie bestimme den Auftritt der Musiker im Gottesdienst, während die musikalische Leistung eine Nebenrolle spiele. Hagen: «Für Tiefgang, theologisch wie künstlerisch, wird häufig kein Raum geschaffen.»

Eine Bewegung brach sich Bahn

Für die Dozentin ist klar, dass zu einer guten theologischen Ausbildung auch die Musik gehört. Dabei hat für sie die Lobpreisbewegung einen hohen Stellenwert. Sie fasst dazu das Wesentliche in sieben Punkten zusammen und stellt einleitend fest: «Die Lobpreisbewegung hat sich in den letzten Jahrzehnten Bahn gebrochen, und es gibt gute Gründe zu sagen, dass es sich hier um eine konkrete Form der heilsamen Herrschaft der Liebe Gottes handelt. Mit theologisch-musikalischer Ausbildung dienen wir dem, was Gott uns vor die Füsse gelegt hat: Eine ökumenische Bewegung, die ein starkes Zeugnis für die Welt werden kann.»

Hinweis

In der gleichen Nummer von Communicatio (1/18) erscheinen auch ein ausführliches Interview mit tsc-Dozent Dr. Andreas Loos über «Anklänge einer Lobpreistheologie» und ein Artikel von STH-Dozent Dr. Stefan Schweyer unter dem Titel «Lobpreis ohne Bibel ist Quatsch».

Zur Webseite:
Communicatio
tsc

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Datum: 16.06.2018
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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