Geistliches Leben im Alltag

Andacht
Bibellesen
Der Autor: Daniel Kallauch

Wie kann eine Familie in der heutigen Zeit „geistlich leben“? Egal, ob wir hauptberuflich im Reich Gottes tätig sind oder einfach so eine „heilige Familie“ sein möchten? Wie können wir die Gegenwart Gottes in unserem Alltag als Familie lebendig halten? Sollte man eine tägliche Familienandacht etablieren?

Innerlich laufen Bilder unserer eigenen Kindheit ab: Unsere Eltern sind Christen, und sie haben uns ihren Glauben vorgelebt. Das war wichtig für uns, und wir sind ihnen bis heute sehr dankbar. Für unsere Eltern war es selbstverständlich: Nach dem Essen kommt die Andacht. Da hiess es, still zu sein und zuzuhören. Der Bezug zum eigenen Leben spielte keine so wichtige Rolle. Wir empfanden es damals oft mühsam, den gut gemeinten Auslegungen zu folgen.

Wie wäre es mit einer Familienandacht?

In unserer Ehe übernahmen wir dann die schöne Tradition der Herrnhuter Losung – sozusagen als geistlicher Schnellimbiss vor dem Frühstück. Natürlich war dies auf keinen Fall als Ersatz für die Stille Zeit zu verstehen, aber als erste Orientierung meist hilfreich. Besonders beliebt waren dabei natürlich die hoffnungsvollen Zusagen an Prüfungstagen - im Grossen und Ganzen besassen diese eine hohe Trefferquote. Als Theologenpaar hatten wir auch keinerlei Vorbehalte gegenüber dem etwas altertümlichen Luthertext.

Das änderte sich erst, als unsere Kinder etwas älter wurden. Wir - die passionierten Frühaufsteher, sahen uns um 6.35 Uhr mit Fragen konfrontiert, die unsere Gesprächsbereitschaft über Sünde, Tod und Teufel gelegentlich überstrapazierten. Kultur und Ausdrucksweise anderer Zeiten liessen sich zunehmend seltener von den sonst so wortgewandten Eltern in drei Sätzen auf das Hier und Jetzt übertragen. Während die Tochter schon bei der Zahnpflege weilt, kommt Papa gerade zum Ende seines Exkurses über die babylonische Gefangenschaft. Der Sohn – durchaus an Geschichte interessiert, versteht nicht den Zusammenhang zum 2. Korintherbrief. Kopfschüttelnd radelt er in Richtung Schule, während Papa ihm noch einen Liedvers von Bonhoeffer hinterher ruft. Das wäre geschafft. Das hat uns geschafft. Also wurde es seltener mit der Losung ...

Pädagogik in der Bibel

Die wichtigste Frage blieb uns: Wie können wir die Gegenwart Gottes in unserem Alltag als Familie lebendig halten? Und: wie können wir das ganz natürlich in unserem Alltag integrieren, ohne dass es zwanghaft wirkt, die Kinder sich bedrängt fühlen und wir Erwachsenen in ewigem Zugzwang stehen?

Die grösste Hilfestellung war uns die Heilige Schrift selbst. Im 5. Buch Moses, Kapitel 6, Verse 4–9 finden wir ein uraltes pädagogisches Prinzip, dass auch heute noch anwendbar ist. Jesus selbst zitiert diese Worte im Markusevangelium Kapitel 12, Vers 29, als er gefragt wird, was denn das wichtigste Gebot sei. Seine Antwort: „Dies ist das wichtigste Gebot: Höre Israel! Der Herr ist unser Gott, der Herr allein. Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzer Hingabe, mit deinem ganzem Verstand und mit aller deiner Kraft.“ Wenn wir dann im Alten Testament an der zitierten Stelle weiterlesen, wird es für die Familien richtig interessant: „Prägt diese Worte euren Kindern ein! Redet immer und überall davon, ob ihr zu Hause oder unterwegs seid, ob ihr euch schlafen legt oder aufsteht. Schreibt diese Worte zur Erinnerung auf ein Band und bindet es um die Hand und die Stirn! Ritzt sie ein in die Pfosten eurer Haustüren und Stadttore.“

Der Inhalt dessen, was Eltern ihren Kindern weitergeben sollen, ist zunächst ein Weltbild: Gott ist der einzige Gott, er allein verehrungswürdig ist. Gott ist der Ursprung allen Lebens, von ihm kommt alles her, was wir sehen. Unser Leben verdanken wir ihm! Für die Israeliten war dieses Bekenntnis wesentlich mit dem Wissen um ihre übernatürliche Rettung aus der Sklaverei verbunden. Dieses Wissen um Gott sollte von Generation zu Generation weitergegeben werden. Wir glauben, dass dies auch heute noch das Wichtigste ist, was wir für unsere Kinder tun können: ihr Weltbild schon in frühen Jahren mit der Realität des lebendigen Gottes prägen.

Wie übertragen wir ins Heute?

Man geht davon aus, dass ein grosser Teil dieses Weltbildes schon vor dem sechsten Lebensjahr festgelegt wird. Also hatten unsere lieben Eltern doch recht. Trotzdem stellt sich für uns die Frage: Wie können wir das, was uns unsere Eltern auf ihre Art und in ihrer Zeit an uns weitergaben, heute leben, so dass es zu unserem Leben passt?

Damals bekamen die Israeliten wirklich sehr kreative Anweisungen, wie sie die Gegenwart Gottes in ihrem Alltag wachhalten sollten. So wurden sie z. B. angehalten, diese zentralen Worte auf ein Band zu schreiben und dieses Band um ihre Hand und um die Stirn zu binden. „Mach dir einen Knoten ins Taschentuch, damit du es nicht vergisst!“ ist so ein Spruch bei uns. Aber auch das Bild müssen wir heute unseren Kindern erst erklären, denn wer macht sich schon einen Knoten in sein Papiertaschentuch? Heute tragen viele ein W.W.J.D-Band. (What would Jesus do) an der Hand, um daran erinnert zu werden, so zu handeln wie Jesus.

Den Israeliten wurde noch ein weiterer Vorschlag der Visualisierung gemacht: Ritzt diese Sätze über die Einzigartigkeit Gottes in eure Haustürpfosten und Stadttore ein. Das gefällt uns besonders gut: die Eltern werden mit dem Auftrag, über Gott zu reden, nicht allein gelassen. Sie sollen in ihrem Alltag Anhaltspunkte schaffen, um das erste Gebot ihren Kindern immer zu wiederholen; mitten im Leben und die Dinge des Alltags benutzend sollen sie von Gott reden. Als unsere Kinder noch kleiner waren, haben wir

ganz oft an die Natur angeknüpft, um ihnen zu zeigen, wie Gott ist: der freundliche kleine Hund, die Sonnenblume, die in paar Wochen zu einer grossen Pflanze wird, die Schürfwunde am Knie, die innerhalb kurzer Zeit zuheilt. - In all dem können wir Gott und seine liebevolle Zuwendung zu uns erkennen.

Ein frommer Traum und eine bessere Lösung

Jetzt sind unsere Kinder älter, und unsere zentrale Schaltstelle sind die Mahlzeiten geworden, bei denen jeder erzählt, was er erlebt hat, was ihn ärgert, was er ungerecht findet. Immer wieder gibt es Möglichkeiten anzuknüpfen, um ihnen Gottes Sicht der Dinge nahezubringen. Je älter die Kinder werden, desto stärker sind sie auch durch Worte anzusprechen. So suchten wir neulich nach einer Möglichkeit, ihnen täglich einen kurzen Input zu geben. Wir träumten von folgendem Plan: Mama und Papa wechseln sich täglich ab - mal Altes Testament, mal Neues Testament, immer eine kleine Anwendung auf den jeweiligen Tag zugeschnitten, inklusive drei zum Thema passende Lieder, von denen sich die Kinder eines aussuchen dürfen. Als Abschluss zieht jeder ein kleines Kärtchen mit einem konkreten Gebetsanliegen: Familie, Nachbarschaft und Weltmission. Zeitliche Vorgabe für alles: Drei Minuten. Super – kein Problem, wir sind doch Profis! Als wir schweissgebadet von diesem übernatürlichen Traum erwachten, mussten wir uns eingestehen, dass dieser Plan zwar fromm klingt, aber wir nicht zu den Menschen gehören, die ihn realisieren können. Wir gingen erst einmal in die Seelsorge

Es musste etwas passieren! Wir wollten nicht resigniert aufgeben, sondern suchten weiter nach etwas, das weder uns in der Vorbereitung noch die Kinder beim Zuhören überforderte. Die Lösung war so naheliegend, dass wir selbst überrascht waren, als wir darauf stiessen: eine Losung für Familien! So machten wir uns daran, 365 Bibelverse aus modernen Übersetzungen zusammenzustellen, die es Familien ermöglichen sollen, ohne viel Aufhebens, während alle ihre Cornflakes essen oder den Kakao umschmeissen, einen guten Gedanken aus Gottes Wort aufzunehmen. Jeder Vers wird in drei bis vier Sätzen erklärt oder durch den Liedtext eines bekannten Kindermusikers ergänzt oder vertieft. Sicherlich ist dieses „Kraftfutter“ auch nur eine weitere Möglichkeit, um seine Gedanken auf Gottes gute Worte zu lenken, aber wir sind fest davon überzeugt, dass es vielen Familien eine grosse Hilfe und Entlastung bringt. Wir haben schon einen erfolgreichen Testlauf hinter uns.

Weitere Möglichkeiten für Familien

Eine andere Möglichkeit: Bewusstes Aufgreifen der Themen und Anregungen aus dem Kindergottesdienst. In vielen Gemeinden gibt man sich grosse Mühe mit gut gestalteten Kleingruppen im Kindergottesdienst. Oft bringen die Kinder ein Blatt mit, das das Thema des Sonntags vertieft. Solche Chancen dürfen nicht ungenutzt vorübergehen. Sie sind eine gute Basis, um mit den Kurzen über das Gehörte zu reden und zu beten. Die Leiterin unseres Jüngsten erzählte, wie Fabian nach einem Kindergottesdienst völlig begeistert zu ihr gesagt hatte: „So einfach ist es, zu Gott zu kommen? Das ist aber super, Claudia.“ - Also, liebe Eltern: Ohren auf und Hand in Hand mit dem Kindergottesdienst gehen!

Was kann man noch tun? Uns hilft es, auf der einen Seite Gewohnheiten zu etablieren, tägliche Akzente zu setzen, andererseits aber auch immer wieder einmal die besondere Aktion zu erfinden. So haben wir z. B. im Urlaub unseren Kindern ein ganzes Evangelium vorgelesen. Das Matthäusevangelium hat 28 Kapitel – also immer zwei Kapitel täglich bei einem 14tägigen Urlaub. Wer mehr Urlaub hat und sich besonders "heiliger" Kinder erfreuen kann, kann es ja mal mit den 66 Kapiteln von Jesaja probieren. - Aber bitte nicht nachher kommen und sagen: „Kallauchs haben aber empfohlen ...” Egal welches Bibelbuch - im Alltag würde uns das womöglich überfordern, aber im Urlaub, wo der ganze Tagesablauf sowieso anders ist – warum nicht? Als wir das vor zwei Jahren zum ersten Mal gemacht haben, hatten wir eine sehr interessierte Zuhörerschar. Nach dem Frühstück „Matthäus“, vor dem Schlafengehen „Karlsson vom Dach“…

Eine grosse Herausforderung bleibt: Wir müssen immer noch selbst die Bibel zur Hand nehmen und sie leben. Wir dürfen aber täglich darauf hoffen, dass Gott durch seinen guten Heiligen Geist zu uns und unseren Kindern redet. Ein altes Kinderlied sagt: „Lies die Bibel, bet’ jeden Tag, wenn du wachsen willst!“

Die Homepage der Autoren dieses Artikels finden Sie unter: www.megaspass.de

Daniel Kallauch ist singender Kinderevangelist, seine Frau Theologin. Sie haben drei Kinder.

Leichte Überarbeitung: Antoinette Lüchinger, Livenet.ch

Autor: Daniel Kallauch

Datum: 27.05.2003
Quelle: come

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