Balance zwischen Arbeit, Familie und Gott finden

Golfprofi Bernhard Langer

Meine Lebensgeschichte beginnt in Anhausen, einem kleinen Ort in der Nähe von Augsburg. Am 27. August 1957 wurde ich dort als drittes Kind der Familie Langer geboren. Meinem Vater Erwin, der als Kriegsgefangener nach Sibirien transportiert werden sollte, gelang die Flucht aus dem Zug. Er kam auf Umwegen schliesslich nach Anhausen. Dort wurde er Maurer. In der Anhausener Umgebung lernte er die junge Walburga – oder Walli – kennen. 1949 heirateten sie und bekamen ein paar Jahre später das erste Kind, einen Sohn, den sie ebenfalls Erwin nannten. Zwei Jahre später folgte meine Schwester Maria, drei Jahre später schliesslich ich.

Das Geld war immer knapp

Ich hatte eine glückliche Kindheit, grossartige Eltern und ein schönes Zuhause. Das Geld war allerdings immer knapp. Ein Auto war nie ein Thema. Ich bekam kein Taschengeld und musste die gebrauchten Sachen meines Bruders tragen. Mein Vater arbeitete hart für unseren Lebensunterhalt, und meine Mutter stockte mit Gelegenheitsarbeiten das Familienbudget ein wenig auf. Obwohl wir ausgesprochen bescheiden lebten, habe ich materiell nichts vermisst. Mit den Freunden spielen, draussen in der Natur zu sein, das war alles, was ich zum Glücklichsein gebraucht habe.

Täglich zur Messe

Ich hatte das Glück, in einer gläubigen Familie aufzuwachsen. Meine Eltern glaubten an Gott, und ich ging nicht nur jeden Sonntag, sondern täglich zur Kirche. Mit sieben Jahren war ich Messdiener. Es war die Zeit, in der das eigentliche Fundament für meinen späteren christlichen Glauben gelegt wurde. An Gott habe ich mein ganzes Leben geglaubt. Ich hielt mich an die Gebote und war sehr fromm, erkannte aber nicht, dass ich eine persönliche Beziehung zu Gott aufbauen musste. Mit “fromm” meine ich, dass ich versuchte, alle Christenpflichten zu erfüllen: Sei es, dass ich freitags kein Fleisch ass, möglichst oft die Messe besuchte oder zur Beichte ging. All das war gut, aber es bringt uns – wie die Bibel sagt – nicht in den Himmel.

Taschengeld auf Golfplatz verdient

Dass ich trotz bescheidener Lebensumstände ausgerechnet eine Golferkarriere einschlug, klingt seltsam, ist aber eben gerade auf den dauernden Geldmangel zurückzuführen. Unser Taschengeld nämlich mussten wir Langer-Kinder selbst verdienen. Meine Geschwister waren mir in dieser Beziehung natürlich ein bisschen voraus und stellten eines Tages fest, dass man im Augsburger Golfclub als Caddie (Junge, der dem Golfspieler die Schläger trägt) Geld verdienen konnte. Ich war dort schnell ziemlich erfolgreich, hatte bald den Ruf, jeden Ball meines jeweiligen Arbeitgebers wiederzufinden, und handelte mir den Spitznamen “Adlerauge” ein. Als ich älter wurde, verdoppelte ich manchmal meine Einnahmen, indem ich die Golftasche eines Spielers trug und gleichzeitig den Caddiewagen eines anderen schob. Es gab acht Jungen aus unserem Ort, die regelmässig als Caddies arbeiteten. Drei von ihnen wurden Berufsgolfspieler.

Erfolge ohne Trainer

Als Caddie durfte ich die Golfanlage benutzen, solange ich die Clubmitglieder nicht störte. Die Caddies besassen eine Sammlung überzähliger Schläger, die ihnen von Mitgliedern überlassen worden waren. Ich verbrachte viele Stunden auf der Range, um festzustellen, was ich selbst leisten konnte. Das erste Turnier, an dem ich je teilnahm, war die jährliche Caddie-Meisterschaft. Ich machte meine Sache gut, ohne jedoch zu gewinnen. Eine Trainerstunde hatte ich in all den Jahren nie, die einzige Lernhilfe war die Kopie einer Achter-Fotosequenz von Jack Nicklaus’ Schwungablauf, die in der Caddiewagen-Halle aufgehängt worden war. Ich versuchte, diese Sequenz auswendig zu lernen und umzusetzen. Meine Eltern erklärten mich kurzerhand – verständlicherweise – für verrückt, als ich ihnen mitteilte, dass ich den Golfsport zu meinem Beruf machen wollte. Sie dachten, ich würde sehr wenig verdienen, hätte nach zwei, drei Jahren womöglich keine Arbeit mehr.

Erster auf Geldrangliste

Meine Teilnahme an Turnieren wurde immer erfolgreicher. 1975 wurde ich der jüngste Sieger in der Geschichte der Nationalen Offenen Deutschen Meisterschaft in Köln. Die ersten zwei, drei Jahre auf der Europäischen Tour waren ziemlich hart. Ich wohnte in einigen schäbigen Unterkünften – den billigsten, die ich finden konnte. Ich sparte am Essen, konnte mir keinen Caddie leisten und hatte bestimmt nicht das Geld, um von einem Land zum anderen zu fliegen, was bedeutete, dass ich endlose Stunden im Auto verbrachte. Das Jahr 1981 bedeutete für mich den eigentlichen Durchbruch. Ich gewann die europäische Geldrangliste, wurde Zweiter bei der British Open und gewann meine erste German Open. Niemand hätte je gedacht, dass ein Deutscher das schaffen würde. Zwei Jahre später begegnete ich einer sehr attraktiven Frau aus Louisiana mit dem Namen Vikki. Wir heirateten am 20. Januar 1984 in Anhausen in jener Kirche, in der ich als Junge Messdiener gewesen war. Die Bilanz des folgenden Jahres 1985 hätte kaum besser ausfallen können: Ich hatte sieben Turniere in fünf verschiedenen Ländern und auf vier verschiedenen Kontinenten gewonnen, war die Nummer eins der Weltrangliste und hatte eine schöne junge Frau. Aber trotzdem schien da noch etwas zu fehlen.

In Bibelgruppe eingeladen

Damals verstand ich mich gut mit Bobby Clampett, der 1982 die British Open nach zwei Tagen souverän anführte. Bobby meinte während einer gemeinsamen Trainingsrunde: “Warum kommst du nicht morgen Abend mit zu unserer Tour-Bibelgruppe?” – “Was ist denn das?”, fragte ich. Er erklärte: “Eine Gruppe von Golfern, ihren Ehefrauen und Freunden, die sich eine Stunde treffen, um gemeinsam die Bibel zu lesen und zu beten.” Ich war als römisch-katholischer Christ aufgewachsen, wusste also von Gott und fand Gefallen an dieser Idee; also nickte ich: “Klar, ich komme mit.” Ausserdem wollte ich mehr wissen. Als Messdiener in der katholischen Kirche hatte ich den Priester mit der Bibel gesehen, aber nie eine eigene Bibel besessen. Ich hatte mir eingebildet, mein Leben im Griff zu haben; ich glaubte an Gott und hoffte, in den Himmel zu kommen. Doch mit wachsendem Erfolg brauchte ich Gott nicht mehr. Meine Prioritäten waren Golf, Golf und noch mal Golf; dann kam ich selbst und schliesslich blieb noch ein wenig Zeit mit meiner Frau.

Jesus – der einzige Weg

Bis dahin hatte ich immer angenommen, wenn ich ein guter Mensch wäre und die Gebote hielte, würde mich das hoffentlich in den Himmel bringen. Ich war kein Dieb, ich tötete nicht und ich bemühte mich, niemanden zu verletzen. Aber je mehr Erfolg ich hatte, desto mehr glaubte ich, alles allein schaffen zu können. Der Leiter der Bibelgruppe, Larry Moody, sprach über das dritte Kapitel im Johannesevangelium. Jesus erklärte Nikodemus, dass er wiedergeboren werden müsse. Die Szene war mir neu, aber es war genau die Botschaft, die ich hören musste. Larry erklärte weiter, was diese Wiedergeburt praktisch zu bedeuten hatte. Ich erkannte erstaunt, dass der einzige Weg zum ewigen Leben über Jesus Christus führt – weil er für unsere Sünden gestorben ist. Und dass man das ewige Leben nicht durch gute Taten oder ein gutes Verhalten erlangt, denn wir können Gottes Massstab niemals erfüllen. Wir werden immer dahinter zurückbleiben.

Entscheidung getroffen

Später wandte ich mich öfter an Larry, hatte viele Fragen. Ich besorgte mir eine eigene Bibel und las Abschnitte daraus. Nach einiger Zeit wurde mir klar, dass ich eine Entscheidung treffen musste. Mir war klar geworden, dass Gott mich so sehr liebte, dass er seinen einzigen Sohn sandte, um auch für meine Sünden zu sterben; da war es nur natürlich, dass ich Jesus Christus bat, in mein Leben zu kommen. Ich musste ihm einfach vertrauen, dass er meine Sünden vergeben würde. Ich musste ihm den ersten Platz in meinem Leben geben. Seit diesem Tag 1985 hat mein Glaube in meinem Leben eine grosse Rolle gespielt. Manche Leute betrachten das Christentum als eine Art Krücke für schwache Menschen. Das halte ich definitiv für falsch. Ich betrachte mich als einen starken Menschen, aber trotzdem brauche ich Gott in meinem Leben. Meine Frau Vikki empfand genauso, und auch sie nahm Christus als Erlöser an.

Beim Putt gepatzt

Beim Ryder Cup auf Kiawah Island 1991 schlug ich in entscheidender Situation den Ball knapp am Loch vorbei. Damit verpatzte ich den Erfolg für unser ganzes Team. Das tat mir leid. Aber ich hatte mein Bestes gegeben. Als ein Journalist mich in der folgenden Woche danach fragte, sagte ich: “Wenn man den Ryder Cup vom christlichen Standpunkt betrachtet, hat es in der Geschichte nur einen einzigen vollkommenen Menschen gegeben, unseren Herrn Jesus Christus, und ihn haben wir getötet. Ich habe nur einen Putt verpatzt.”

Trotz Reichtum nicht materialistisch

Manchmal werde ich gefragt, wie ich als Christ leben und gleichzeitig so viel besitzen kann. Mir ist bewusst, dass ich für mein Geld verantwortlich bin. Je mehr ich verdiene, desto mehr kann ich für Wohlfahrt und andere gute Zwecke spenden. Ausserdem war mir immer bewusst, dass es nicht mein Geld ist, sondern dass ich nur ein Verwalter dessen bin, was Gott gehört. Ich bin mir sicher, dass Gott mit keinem Wort sagt, dass man arm sein sollte, dass man kein Geld haben dürfe oder dass man mit seiner Arbeit nicht erfolgreich sein dürfe. Ein Journalist fragte mich einmal, was ich wählen würde, sollte ein Feuer in meinem Haus ausbrechen, alle Menschen wären in Sicherheit und ich könnte nur einen Gegenstand mitnehmen. Mir fiel einfach nichts ein. Ich bin kein materialistischer Mensch; in meinem Haus gibt es nichts, worauf ich nicht auch verzichten könnte.

Gebete auf dem Golfplatz

Wir haben jetzt vier Kinder: Jackie (1986), Stefan (1990), Christina (1993) und Jason (2000). Kinder sind ein unvergleichlicher Segen, und ich würde auf keinen Fall darauf verzichten wollen, Kinder zu haben. Die richtige Balance zwischen Arbeit, Familie und Gott ist die Herausforderung, der ich mich stelle. Gebet ist ein wesentlicher Teil meines Lebens. Manche Leute meinen, dass man zum Beten in eine Kirche gehen müsse, aber man kann überall beten. Ich bete auf dem Golfplatz, und ich bete über alles und jeden. Ich habe gelernt, jeden Morgen meinen ganzen Tag dem Herrn anzuvertrauen. Was immer auch in dieser Welt geschehen mag, es wird mir nicht die Freude nehmen, eines Tages Jesus Christus im Himmel zu sehen. Eine Journalistin fragte mich einmal: “Was hätten Sie gern auf Ihrem Grabstein stehen?” Ich antwortete: “Was auf meinem Grabstein geschrieben steht, hat nichts zu bedeuten. Wichtig ist nur, dass unsere Seele in den Himmel kommt.”

Autor: Berhard Langer

In diesen Tagen ist die Autobiographie von Bernhard Langer auf deutsch erschienen (Bernhard Langer: Meine Lebensgeschichte, 240 Seiten, 14,95 Euro, Hänssler-Verlag Holzgerlingen). Darin beschreibt er nicht nur seinen Aufstieg zur Weltspitze, sondern auch seinen Weg zu Jesus Christus.

Datum: 19.09.2002
Quelle: idea Deutschland

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