Wandern in Israel

Auf den Spuren Jesu von Nazareth nach Bethlehem

«Von Nazareth nach Bethlehem zu Fuss? Nicht für drei Millionen Dollar!» Die Reaktion auf die kleine Gruppe Schweizer ist allerorts vergleichbar: Erstaunen, ungläubiges Nachfragen, amüsiertes Gelächter über die «Verrückten».
See Genezareth

Zu Fuss auf dem «Nativity Trail» quer durch das Westjordanland heisst Wandern mit Exotenbonus und bietet eine Heilig-Land-Erfahrung fernab der ausgetretenen Pfade. «Plötzlich merkt man, dass man an einem Kriegsschauplatz ist.» Der spontane Ausspruch der Schweizer Gruppe folgt prompt auf die Stadtführung zu den Schauplätzen der zweiten Intifada in Nablus.

Kontraste

Die Gegensätze, die der Wanderweg auf den Spuren Jesu mit sich bringt, könnten grösser kaum sein: Nahezu unberührte Natur und scheinbar abgelegene Flusstäler mit idyllischen Hirtenszenen lassen die biblische Bildwelt anschaulich werden. Kontrollpunkte, Militärstützpunkte und israelische Siedlungen inmitten palästinensischer Dörfer holen einen zurück in den Konflikt, der den schwierigen Alltag der Menschen im Land bestimmt.

Noch nicht überlaufen

Rund 160 Kilometer in acht bis zehn Wandertagen führt der «Nativity Trail» durch das Heilige Land, von Nazareth zum Geburtsort Jesu in Bethlehem. Ursprünglich bereits im Jahr 2000 lanciert, hatte das Projekt der Bethlehemer «Alternative Tourism Group» in seinen ersten Jahren mit den Folgen der zweiten Intifada zu kämpfen.

2008 wurde der Weg wiederbelebt, aber nach wie vor ist die Wanderroute eine Art Geheimtipp: Nicht mehr als 30 Gruppen haben sich seither aufgemacht, die Wiege der Christenheit zu Fuss zu erkunden – wenn auch auf geänderter Route.

Ghattas Zaher, Christ aus Nazareth, begleitet die Gruppe durch seine Heimatstadt und an den See Genezareth – Besichtigungsprogramm und Zeit zum Ankommen, bevor es am zweiten Tag zu Fuss weiter geht. Den Checkpoint nördlich von Jenin überquert die Gruppe allein.

Nach einem regenreichen Winter ist die Landschaft im Norden der Westbank ungewöhnlich grün und blumenreich. Fachkundig erklärt der neue Begleiter, Nidal Sawalmeh, der die Gruppe bis Bethlehem führen wird, die Tier- und Pflanzenwelt, weist auf archäologische Ausgrabungen hin und sensibilisiert seine Schweizer Gäste für den andauernden israelisch-palästinensischen Konflikt. «Seht Ihr dort unten das Riesenrad? Das sollte ein Freizeitpark werden, dann kam die zweite Intifada. Heute ist es ein Recycling-Unternehmen.»

Kontakte als Konzept

Eine Nacht bei christlichen Familien in Zebabde, eine Übernachtung im Flüchtlingscamp von Fara´a, Nachtlager bei den Beduinen in Ain Auja und immer wieder eine Einladung zu einem Glas süssen Tee: Kontakte zur einheimischen Bevölkerung sind Teil des alternativen Tourismus-Konzepts des «Geburtswanderwegs». Eingekauft wird in den Dörfern entlang des Wegs, und die Wanderführer sind selbstverständlich Einheimische.

Südlich von Nablus führt der anspruchsvolle Pfad hinunter in den Jordangraben und weiter Richtung Jericho. Noch vor einer Woche, erklärt Guide Nidal, führte der Fluss im Auja-Tal Wasser und zwang als natürliches Hindernis zu kleineren Umwegen.

Weniger natürlich sind die Umwege ein paar Kilometer weiter: Die Strecke führt durch ein Übungsgebiet der israelischen Armee; um Komplikationen zu vermeiden, wird die Gruppe mit zwei Sammeltaxis bis hinter die Militärbasis transportiert, bevor es zu Fuss durch die judäische Wüste in Richtung des griechisch-orthodoxen Mar-Saba-Klosters geht.

Eine letzte Nacht in der Wüste und wenige Laufkilometer trennen die Gruppe vom Zielort Bethlehem, dessen geschäftiges Treiben nach der Stille der Wüste einem kleinen Kulturschock gleichkommt.

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Datum: 18.05.2012
Autor: Andrea Krogmann
Quelle: Kipa

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