Hier im Kinderheim in Cayambe sind die Tage zum Bersten voll. Sämtliche Projekte wollen feiern. Die ganz Kleinen, die Kindergärtner, die Schulkinder, die Senioren und die Gemeinde. Und wehe es fehlt eine der traditionellen Weihnachtstüten mit Keksen und Schokolade. Dann reklamieren die Mütter höchstpersönlich. Als wir letztes Jahr im Altenheim anfragten, ob wir mit den Tüten vorbeikommen sollen, lehnte die Direktorin dankend ab. "Die Pensionäre haben jetzt schon Durchfall davon". Wir brachten stattdessen Toilettenpapier und Seife. Höhepunkt im hiesigen Festtaumel ist Stadt auf stadt ab die Miss Weihnachtsstern-Wahl. Auch hier im Heim strapazieren Eltern, diese Tradition auslebend, ihr Budget um Kostüme und Accesoirs für ihre Töchterchen zu mieten. Die Mädchen spazieren zuerst im Badeanzug über den Laufsteg und hinterher präsentieren sie sich in Gala und in Begleitung eines Kavaliers der beinahe unparteiischen Jury. Während der Rummel kein Ende nehmen will, wacht Gott ganz besonders über uns. Damit wir nicht völlig aus der Haut fahren. Wenn wir endlich völlig erschöpft selber Weihnachten feiern könnten, klopft es sicher noch an der Tür unten. Was uns nicht kümmert. Wir überhören es in solchen Momenten bewusst. In dieser Nacht bewachten draussen auf dem Feld einige Hirten ihre Herden, sagt meine Bibel. Idylle pur. Obwohl damals tausende von Menschen in ihre Heimatstädte hetzten, weil sie an der römischen Volkszählung teilnehmen mussten. War es an Weihnachten niemals friedlich? An Heiligabend vor einigen Jahren pendelte ich entnervt zwischen den beiden Bahnhöfen einer Kleinstadt hin und her. Der eine Gast für die Einsamen-Weihnachtsfeier kam nicht an. Als ich mit meinem kleinen Sohn auf den Armen vor dem Haus einer Witwe ausstieg, die wir ebenfalls eingeladen hatten, blickte ich eine Sekunde an den Nachthimmel und sah eben eine Sternschnuppe zerbröseln da oben. Eine geballte Ladung Weihnachtstimmung durchfuhr mich. Doch was schreibe ich da. Detonierende nordamerikanische Marschflugkörper zerrissen diesen Herbst die nächtliche Stille Afgahnistans. Präsident Bushs Antwort auf die von Fanatikern entführten Verkehrsflugzeuge, die an einem strahlendhellen Morgen in die Zwillingstürme am Südende Manhattans rasten. Ein massiver Vergeltungsschlag gegen den Terrorismus, der auch 800 Personen in einem Flügel des Pentagons das Leben kostete. Die vierte Maschine mit Ziel aufs weisse Haus stürzte bei Pittsburgh in einen Wald. Abertausende von Nordamerikanern fragten sich, wo denn eigentlich Gott war in diesen schrecklichen Sekunden, als alle Hollywoodfantasien Wirklichkeit wurden. "Gott ist da und spricht durch diese Katastrophe zum amerikanischen Volk", sagt der bekannte New Yorker Pastor David Wilkerson. Seine Kirche liegt mitten auf dem Times Square in einem riesigen alten Broadwaytheater. Kurz nach der Attacke auf Manhattan ging Wilkersons prophetische Botschaft in alle Welt: "Gott will, dass wir zu ihm umkehren. Die Kirchen sind zwar im Augenblick voll mit Menschen. Aber erinnert euch an den Golfkrieg. Schon eine Woche später versank das Land im Partyrausch… Gott hat alles unter Kontrolle. Er liess diese Katastrophe zu, damit wir uns auf ihn besinnen. Aber ich befürchte, dass Amerika die Botschaft nicht mitkriegt." Gott ist kein blutrünstiges Weltraummonster. Seit biblischen Zeiten liess er immer wieder Katastrophen zu, damit die Menschen sich auf ihn besannen und umkehrten von ihren verkehrten Wegen. Er wacht über die Vorgänge hier unten. Hat alles unter Kontrolle. "Ja, der Hüter Israels schläft und schlummert nicht" schreibt einer der Psalmdichter. Mir graust es vor dem weihnachtlichen Festgetöse. Weil es jedesmal ablenkt von Gott, der Mensch wurde und herkam, um mich, ja uns alle, aus diesem verkrampften und mickrigen bisschen Leben herauszurufen. Zu ihm zurück. In ein erfülltes und lebenswertes Leben. Wo gestopfte Truthähne und Lichterbäume keinen grossen Stellenwert mehr haben. Verpassen wir die Botschaft nicht. Peter Hauri und seine Frau Katharina sind Schweizer Heilsarmee-Offiziere. Seit August 1999 leiten sie ein Kindertagesheim in Cayambe im nördlichen Hochland Ecuadors. Zur Zeit planen sie nebst ihrer anspruchsvollen Tätigkeit ein Haus für Teenagermütter und geschlagene Frauen in Manta an der Pazifikküste. Webseite: www.streetlegal.ch
Projektstart: 2002/3.
Datum: 22.11.2002
Autor: Peter Hauri
Quelle: Jesus.ch