Stammzell-Debatte: Lizenz zum Embryonenverbrauch für Forscher?

Embryonale Stammzellen
Annette Schavan

In der Debatte über Stammzellforschung in Deutschland hat nun auch Forschungsministerin Annette Schavan eine Verschiebung des Stichtages befürwortet. Auch angesichts neuer Forschungsergebnisse halte sie dies für verantwortbar, sagte Schavan einer Zeitung.

Deutsche Forscher sollten in Ausnahmefällen mit embryonalen Stammzelllinien arbeiten können, um mit diesem Wissen in der Forschung mit ethisch unbedenklichen adulten Stammzellen weiterzukommen. Der Leiter des Deutschen Krebsforschungszentrums, Otmar Wiestler, forderte eine «massvolle Anpassung» der Stichtagsregelung. Hingegen wandte sich Kurienkardinal Walter Kasper gegen eine Verlegung des Stichtages.

Bisher dürfen in Deutschland nur embryonale Stammzellen zu Forschungszwecken verwendet werden, die aus dem Ausland importiert und vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden. (Embryonale Stammzellen sind nur durch die Tötung von Embryonen zu gewinnen.) Aus der Wissenschaft gibt es seit längerem Forderungen, diesen Stichtag zu verschieben, generell zu streichen oder eine Einzelfallprüfung einzuführen. Dabei wird argumentiert, es stünden wegen Verunreinigung immer weniger Zellen zur Verfügung.

„Deutscher Sonderweg“

«Es muss das Ziel aller Forschung sein, zu Quellen für Stammzelllinien ausserhalb der Embryonenforschung zu kommen», argumentierte die CDU-Ministerin im „Rheinischen Merkur“. Bei dem «deutschen Sonderweg» müsse es bleiben, so Schavan. Doch sie könne es nicht verantworten, dass das für die Forschung mit adulten Stammzelllinien erforderliche Wissen in Deutschland nicht mehr zustande komme.

Kardinal Kasper sagte im «Rheinischen Merkur», Forschung an embryonalen Stammzellen sei auch dann ethisch bedenklich, wenn mit dem dabei gewonnenen Wissen diese Forschung überflüssig werde: «Mir scheint es ein Grundwiderspruch, dass man Leben tötet, um Leben zu retten.» Kasper lehnte eine Verschiebung des Stichtages ab: «Man kann aus einem Stichtag keine Variable machen.» Beim gegenwärtigen Forschungsstand gebe es dafür keine Notwendigkeit.

„Jetzt gibt es bessere Linien“

Der Krebsforscher Wiestler brachte einen «rollenden Stichtag» ins Gespräch. Er sagte im Deutschlandradio Kultur, es gebe heute sehr viel bessere menschliche Stammzelllinien als die vor 2002 gewonnenen. Wiestler warnte davor, die embryonale Stammzellforschung aufzugeben. Langfristig versprächen die neuen Entdeckungen zwar, dass man die Nutzung embryonaler Stammzellen umgehen und von jedem Menschen eigene Stammzellen herstellen könne. Derzeit brauche man embryonale Stammzellen aber weiter, weil die neuen Verfahren noch nicht sicher seien.

Japanische und US-amerikanische Forscherteams hatten Mitte November bekannt gegeben, dass es ihnen gelungen sei, Stammzellen aus Haut- und Bindegewebszellen zu gewinnen, die von einer erwachsenen Frau beziehungsweise einem Baby stammen. Die gewonnenen Stammzellen waren anschliessend zu spezialisierten Zellen weiterentwickelt worden. Die Ergebnisse liessen hoffen, dass für eine Änderung des deutschen Stammzellgesetzes «allein aus wissenschaftlichen Gründen gar keine Notwendigkeit besteht», erklärte die kirchenpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Ingrid Fischbach (CDU). Sie sieht neue Hoffnung für ethisch unbedenkliche Forschung mit Stammzellen.

Datum: 03.12.2007
Quelle: Epd

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