Würde der Tiere beachten
Wie man Fleisch einkauft und isst, sagt für Hagencord viel darüber aus, wie man sich und seine Umwelt versteht, und zwar aus mehreren Sichtweisen. «Die Ernährungsfrage gehört zu den drängenden Problemen der Gegenwart. Wenn wir in der Ersten Welt weiter so viel Fleisch essen, nimmt die Verelendung der Dritten Welt immer weiter zu. Die Kirchen haben hier eine Aufgabe, erfüllen diese jedoch noch kaum», so seine Kritik.
Wie wird das Tier gehalten?
Mit Verantwortung Fleisch einkaufen bedeutet für Hagencord aber auch, zu überprüfen, in welcher Weise ein Tier aufgezogen wird. «Konkret tut man das etwa, indem man nach Gütesiegeln Ausschau hält, die Verkäufer direkt fragt oder beim Bauern selbst einkauft. Billigfleisch kann gar nicht von Tieren stammen, die unter würdigen Bedingungen lebten.» Statt auf die Kosten sollte man den Wert als Massstab nehmen, den man den Tieren und damit auch sich selbst zugesteht, gibt der Experte zu bedenken.
«Tiere haben eine Seele»
Im Verhältnis von Religion zu den Tieren gibt es viele Missverständnisse. «Die Bibel bezeichnet Tiere nicht als seelenlos, wie viele denken», so Hagencord. Denn das Buch der Christen und Juden sei voller Tiere, die weit mehr als schmückendes Beiwerk sind. «In der Schöpfungsgeschichte schuf Gott Mensch und Tier am gleichen Tag. Er stellte Adam die Tiere als Hilfe gegen seine Einsamkeit zur Seite und liess ihn sie benennen, ehe er Eva schuf.» Erfahrungswissen über die Tierwelt gehört somit zum Prozess der Menschwerdung.
Liebhaber des Lebens
Doch auch Jesus regte im Neuen Testament dazu an, von den Vögeln des Himmels zu lernen. «Der Mensch vertritt Gott und soll an seinem Verhalten die Welt erkennen lassen, wie Gott ist. Die Frage ist, ob unser Verhalten Gott als einen Liebhaber des Lebens zeigt», stellt Hagencord in den Raum.
Umgesetzt wurde diese Haltung in besonderer Weise von Franz von Assisi. «Er hat alle Lebewesen als Geschwister bezeichnet. Das ist zwar poetisch, doch kann man es auf Grundlage der Naturwissenschaft als Fakt bezeichnen», so der Biologe. Der Mensch ist mit den Tieren verwandt und unterscheide sich von ihnen nur dadurch: «Er ist zur Transzendenz fähig, kann also sein Verhältnis zum Schöpfer selbst gestalten.»
Der Mensch lasse den anderen Geschöpfen kaum genug Luft und Lebensraum. «Der Lebensstil der ersten Welt lässt das Elend der dritten Welt wachsen und täglich bis zu 130 Tierarten aussterben. Gemessen am heutigen Verbrauch, bräuchten wir bereits zwei Planeten.»
Datum: 27.07.2012
Autor: Bruno Graber
Quelle: Livenet /pte