Weniger ist mehr

Mal den gewohnten Alltag unterbrechen

Reduzierung ist in vielen Bereichen wichtig und hilfreich. Das Fasten ist Ausdruck davon, es ist eine geistliche Übung, ebenso wie das «Almosengeben», das wir heute mit der Unterstützung Bedürftiger übersetzen können, und das Gebet.
Fasten.
Notker Wolf: «Schmetterlinge im Bauch».

Heute wird meist wegen der Schönheit oder der Gesundheit gefastet. Die geistliche Dimension ist vielerorts völlig verloren gegangen. Es ist gut zu fasten um mal wieder ein bisschen Gewicht zu verlieren. Das hat aber mit religiösem Fasten nichts zu tun.

Sinnvolles fasten

Da steht zum Beispiel in der Bibel im Matthäus, Kapitel 6, Vers 16, dass es nicht in Gottes Sinne ist, wenn man demonstrativ fastet. Im Verborgenen soll es geschehen. In diese Richtung schreibt auch Benedikt in seiner Regel: Man soll sich eben keine besonders harten Regeln auferlegen. «Man entziehe seinem Leib etwas an Speise, Trank und Schlaf, und verzichte auf Geschwätz und Albernheiten», und man sollte alle Vorhaben immer dem Abt unterbreiten, weil sonst immer die Gefahr besteht, dass man stolz wird auf seine besondere Geistlichkeit. – und damit ist das Ziel komplett verfehlt.

Religiöses Fasten hat etwas mit Bewusstmachen zu tun. Jemand erzählte mir einmal, wie er vor Jahren mit einem Freund ein Klosterwochenende verbringen wollte. Der Freund verspätete sich am ersten Abend, so dass er allein Abendbrot essen musste. Da war sonst nichts in seiner Zelle, keine Zeitung, kein Fernseher, kein Freund. Nur dieses Käsebrot und der Pfefferminztee. Seinen Freund empfing er später mit den Worten: «Weisst Du was, ich habe schon lange nicht mehr so ein gutes Käsebrot gegessen und den Käse so bewusst geschmeckt, auch den Pfefferminztee. Das war eine Geschmacksexplosion!»

Warum? Weil er einmal nicht abgelenkt war. Das ist eine weitere Dimension des Fastens, die auch ausserhalb der Fastenzeit wirkt. Es geht nicht ums Kasteien und Verzichten, es geht um ein Bewusstwerden, um ein Gefühl der Dankbarkeit.

Fasten und Almosen geben gehören zusammen

Im Sinne des Evangeliums kommt noch ein Faktor dazu: Was man vom Munde abgespart, soll man den Armen geben. Mit anderen teilen. Es geht nicht einfach um den Verzicht, sondern um den Verzicht wofür? Um selbst wieder freier zu werden, aber auch, damit andere etwas davon haben. Und da sind wir erneut bei dem gemeinschaftlichen Lebensansatz der Bibel.

Almosengeben steht gleichberechtigt neben Gebet und Fasten (Matthäusevangelium, Kapitel 6). Im Vertrauen darauf, dass Gott mir alles gibt, was ich brauche, kann ich abgeben.

Geben ohne Eitelkeiten

In dem Text in Matthäus, Kapitel 6, sagt Jesus, die linke Hand soll nicht wissen, was die rechte tut. Auch hier geht es also um die Loslösung von Stolz und Eitelkeit. Sie kennen vielleicht Clubs, die viel Gutes tun und eine Menge Spenden sammeln. Aber es wird auch darauf Wert gelegt, dass das wahrgenommen wird. Vielleicht sassen Sie schon mal auf einer dieser Bänke, die diese Clubs in Parks gestiftet und mit Etiketten versehen haben.

Wenn ich an Bedürftige spende, fange ich an, Menschen zu dienen. Das ist letztlich eine zutiefst christliche Haltung, Dienen, satt Herrschen.

Da sein für Menschen in Not

Zu Zeiten Jesu gab es ja keine Versicherungen und keine Renten, dafür aber viele Arme, viele Witwen, es gab die Weisen und die Fremden. Das sind die Kategorien von Menschen, die genannt werden, um die sich Gott besonders kümmert. Lesen wir einmal in der Bibel Psalm 146, Verse 5-9:

«Wohl dem, dessen Halt der Gott Jakobs ist und der seine Hoffnung auf den Herrn, seinen Gott, setzt. Der Herr hat Himmel und Erde gemacht, das Meer und alle seine Geschöpfe. Er hält ewig die Treue. Recht verschafft er den Unterdrückten, den Hungernden gibt er Brot; der Herr befreit die Gefangenen. Der Herr öffnet den Blinden die Augen, er richtet die Gebeugten auf. Der Herr beschützt den Fremden und verhilft den Waisen und Witwen zu ihrem Recht.»

Das sind die, die dann im Neuen Testament, in Matthäusevangelium, Kapitel 25, Verse 36-45 genannt werden: «Was ihr für einen meiner geringsten  Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.»

Gottes Werkzeug sein

Wo ist Gott im Schicksal der ganz Armen? Warum kümmert er sich nicht um sie? Gott kann durch unser Handeln bei diesen Menschen sein. Er hat die Welt nicht nur für ein paar Leute geschaffen, sondern für alle. Das muss ich sehen. Es hat eine zündende Sprengkraft, zu erkennen, dass die Welt für alle da ist.

Auszug aus dem Buch «Schmetterlinge im Bauch – Warum der Glaube Flügel verleiht» vom Repräsentant des Benediktinerordens, Abtprimas Notker Wolf. Mit freundlicher Genehmigung des Adeo-Verlags.

Buchbestellung:
Notker Wolf: «Schmetterlinge im Bauch»


Datum: 22.04.2011
Autor: Notker Wolf

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