Auf der Schwelle zu einer neuen Ära
Der globale christliche Buchmarkt reift und wächst weiter. Frederick J. Rudy, der Verlagsrechte von US-Büchern weltweit vermittelt, schätzt das Wachstum in fünf Jahren auf 20 Prozent. Livenet traf Rudy, der im Herbst nach Taiwan, Südkorea, Peking und Sao Paulo reiste, im Oktober an der Frankfurter Buchmesse. Er hat einem Verlag in der Volksrepublik ermöglicht, J. Oswald Chambers‘ Klassiker «Spiritual Leadership» auf Chinesisch zu verlegen.
Globalisierung
Mehr und mehr, sagt Rudy, wollten Verlage in anderen Erdteilen die Übersetzungen von US-Büchern (Ehe- und Familienbücher, Theologie, Romane) zeitgleich mit dem Original veröffentlichen. Im Gegensatz zum deutschsprachigen Europa, dessen Verlage etwa gleich viele US-Titel übernehmen wie vor Jahren, haben andere Sprachräume laut Rudy deutlich zugelegt.
Digital Content bringt weniger ein
Auf dem weltgrössten Buchmarkt in den USA melden die meisten evangelischen Verlage bessere Verkäufe als 2010. Laut Mark W. Kuyper, Präsident und CEO des Evangelischen Verlegerverbands der USA (ECPA), sind die Umsätze vor dem Einbruch 2008 noch nicht erreicht. Dazu kommt, dass wohl mehr Einheiten verkauft werden, aber «Digital Content» weniger einbringt. In gewissen Fällen kannibalisierten die neuen Produkte das herkömmliche Buch, räumt Kuyper ein.
«Jeder meint, ein E-Book müsse billiger sein»
Das Aufkommen der E-Books stellt Verleger vor gewaltige Herausforderungen. Sie hätten ein neues Geschäftsmodell zu entwickeln, sagt Rudy. «Das herkömmliche Modell mit dem Druck von Büchern hat über Jahrzehnte gut funktioniert.» Nun erwachse den Büchern Konkurrenz durch E-Books und Digital Publishing. «Wie Verleger die Vielfalt handhaben und ihre Erträge ins Trockene bringen, ist noch nicht klar.»
Mark Kuyper verweist auf die komplexen Produktionsabläufe. «Jeder meint, ein E-Book müsse billiger sein» (derzeitiger Durchschnittspreis in den USA etwa 10 Dollar). Doch die Umwandlung erfordere einigen Aufwand. «Zudem muss der Verlag im Internet Hunderte von Hinweisen auf das E-Book platzieren. Das kostet Zeit, Energie und Technologie.» Die Verlage befänden sie in einer Übergangsphase; sie müssten sich umstellen und viel investieren, während ansehnliche Erlöse auf sich warten liessen.
Wer will, liest grösser
Frederick Rudy zitiert eine Umfrage, wonach Amerikaner im Durchschnitt jährlich etwa fünf Bücher lesen. Mit den neuen Lesegeräten wie Kindle läsen sie etwa die doppelte Zahl. Das E-Book sei sehr leicht zu erwerben. «Und ich geniesse das Lesen auf meinem Kindle.» Kuyper nennt die Vorteile der leichten Lesegeräte, deren Preis gegen 100 Dollar sinkt: Wer will, kann die Schrift vergrössern – und den Kindle überall hervornehmen, wo er Zeit zum Lesen hat. «Auf dem iphone kann ich dort weiterlesen, wo ich auf dem iPad aufgehört hatte.» Werde ihm ein Buch empfohlen, könne er es mit drei, vier Klicks auf seinem Smartphone bestellen oder eine gehaltvolle Leseprobe herunterladen.
Verlage stellen um
Der Verlegerverbandspräsident will nicht von einer «battle», einem Krieg zwischen dem alten gedruckten Buch und dem E-Book reden. Ein guter Amerikaner, er meint pragmatisch: «Uns geht es doch darum, Inhalte anzubieten und sie so leicht erhältlich und dem Kunden zugänglich zu machen wie möglich.» Gedruckte Bücher würden weiter nachgefragt – und daneben werde es vermehrt E-Books geben. «Ich habe ganz auf E-Books umgestellt. Andere lesen weiterhin ausschliesslich auf Papier.»
Im Raum der ECPA haben nach Kuyper einige Verlage bereits die meisten Bücher im Programm fürs elektronische Lesen konvertiert, andere beginnen erst. Kein Verlag biete alle seine Bücher auch elektronisch an. Die beiden Insider am Frankfurter Stand der ECPA meinen, dass der Rest der Welt den USA mit etwa zweijährigem Abstand folgt.
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Datum: 16.11.2011
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet