Ein kultureller «Kraftimpuls»

Luthers Erben besinnen sich auf die Macht der Musik

Am Reformationstag, Ende Monat, beginnt das Luther-Gedenkjahr «Reformation und Musik». Mit einer Reihe von Konzerten will die evangelische Kirche Deutschland 2012 sinnliche Erfahrungen bieten.
Johann Sebastian Bach - einer der bedeutensten Kirchenmusiker

Für Martin Luther war die Welt voller Klang. Der Kirchenrebell, der selbst so gerne sang und die Laute spielte, hatte auch auf die Musik in der Kirche massgeblichen Einfluss. Mit seiner Reformation begann die eindrucksvolle Geschichte evangelischer Kirchenmusik.

Im Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ein Gedenkjahr «Reformation und Musik» ausgerufen: Am Reformationstag, dem 31. Oktober 2011, wird es im thüringischen Eisenach eröffnet.

Theologie in Musik übersetzt

Ein geschichtsträchtiger Ort: Luther verbrachte, getarnt als Junker Jörg, fast ein Jahr auf der Eisenacher Wartburg und übertrug das neue Testament ins Deutsche. Johann Sebastian Bach, der Luthers Theologie in Musik übersetzte, wurde in Eisenach geboren.

In der um 1180 erbauten Kirche St. Georgen, in der Luther als Kind sang und Bach getauft wurde, soll nun das Gedenkjahr starten. Ein Festgottesdienst und ein Konzert mit thüringischen Musikensembles sind geplant.

Schatz der Reformation

Zahlreiche Veranstaltungen – Gottesdienste, Konzerte und Symposien – sollen sich dann regelrecht «wie ein Band» durch das kommende Jahr ziehen. Unter dem Motto «366plus1 – Kirche klingt» will die evangelische Kirche vom 1. Januar 2012 an täglich und darüber hinaus in der Osternacht den «künstlerischen Schatz der Reformation» zum Klingen bringen: Mit Motetten, Liedern, Orgel- und Konzertmusik, kleinen und grösseren Ensembles, Jazzformationen und Gospelbands.

«Sinnliche Erfahrung möglich»

Dabei spielt die Musik immer wieder woanders: Das Konzert-Band zieht von Süden nach Norden und zurück nach Mitteldeutschland bis ins Erzgebirge. Eine «neue öffentliche Wertschätzung» der Musik in der Kirche erhofft sich Klaus-Martin Bresgott vom Kulturbüro der EKD von den Konzerten. Für die Hörer sei eine sinnliche Erfahrung möglich. Und für die rund 1‘900 hauptamtlichen evangelischen Kirchenmusiker – derzeit durch kirchliche Sparzwänge immer mehr bedrängt – solle Austausch, Motivation und Vernetzung verbessert werden.

Dazu dienen Symposien in ganz Deutschland: Als erstes steht die Wittenberger Tagung «Der Protestantismus und die Musik» auf dem Programm (20. bis 22. Januar), bei der es um den Stellenwert der Musik in der Frömmigkeit und um Wirkungen protestantischer Musikkultur geht. Es folgen Tagungen zu Bach als Lutheraner, zum Choral, zu Gottesbildern in der Popmusik und zum Musizieren in der Gemeinde.

Lieder prägen Menschen

Vom Kirchenmusikjahr könne ein «Kraftimpuls» in die Gesellschaft ausgehen, sagt Bresgott. Besonders hebt er dabei das Singen hervor – auch das eine reformatorische Errungenschaft: Als einfacher Christ selbst in der Kirche singen zu dürfen, die eigene Stimme erheben zu können, das war eine Neuerung Luthers. Zuvor durfte die Gemeinde höchstens mal ein «Halleluja» singen. Luther aber war davon überzeugt, dass die Musik der Theologie auf Augenhöhe gegenübersteht. Und dass Lieder den Menschen prägen.

Offen für Kirchenferne

Die international renommierten Thomaner sind ein Beispiel dafür, dass die Musik der Kirche auch Menschen erreicht, denen die Institution fremd geworden ist. Und auch das Kulturjahr «Kirche klingt» ist offen für Kirchenferne, ein Grossteil der Musizierenden stammt nicht aus der Kirche. Bresgott greift zu einem Bild: «Die Kirchentür ist eine Membran», sagt er. Eine Membran überträgt den Schall. So solle es im Musikjahr 2012 sein.

Hinweis:
Unter www.ekd-366plus1.de sind ab November 2011 alle Termine im Internet zu finden. Auch in Grenznähe zur Schweiz finden Veranstaltungen statt.

Webseite:
Reformationsjubiläum 2017

Datum: 26.10.2011
Quelle: Livenet / epd

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