Französischer Chefredaktor

Aus Aussenseiterposition christliche Werte einbringen

Noch ist das Christentum «glücklicherweise» in der Lage zu provozieren, stellt der Chefredaktor der in Paris erscheinenden katholischen Familienzeitschrift «La Vie», Jean-Pierre Denis, fest. Für ihn ist das Christentum «skandalös», weil es eine Gegenmacht zur «libertären» westlichen Kultur bildet.
Jean-Pierre Denis

 

Diese «Aussenseiterrolle» biete Christen die einzigartige Chance zur Evangelisierung der Gesellschaft, indem sie ihren Glauben überzeugend lebten, erklärte Denis als Gastredner am Begegnungstag des europäischen Instituts für anthropologische Studien, «Philanthropos», kürzlich in Bürglen bei Freiburg.

«Das Christentum ist tot», erklärte Denis provokativ. Er will aber nicht der Totengräber der Religion sein. Vielmehr sei das Christentum tot «als eine zentrale Macht der westlichen Kultur». Die Religion sei nicht mehr die «Norm im Zentrum unserer Kultur». Denis bezeichnete diese Aussage als «gute Nachricht». Seiner Ansicht nach stellt dies die beste Ausgangsposition dar, um die Gesellschaft neu zu evangelisieren.

Heute werde die westliche Gesellschaft durch Entwicklungen geprägt, die in den 1960er Jahren ihren Anfang nahmen und damals selber als gesellschaftliche Randerscheinungen geboren wurden. Normgebend sei heute der «Markt», der nach dem Prinzip «geniesse und verschwinde» funktioniert. Dieser «Markt» beschränke sich nicht auf seinen wirtschaftlichen Aspekt. Er stellt heute gemäss Denis die «einzige Macht» dar, also eine umfassende Norm, die «keine Normen neben sich duldet».

Den «Gegen-Kulturen» aus den 1960er Jahren sei es gelungen, die gesellschaftlichen Zusammenhänge zu verändern und zwar bei weitem «nicht immer negativ». Schliesslich hätten sie aber zu Entwicklungen geführt, die ursprünglich nicht vorgesehen waren. Als «Utopien» wollten sie sich der Kontrolle der gesellschaftlichen Vorgaben und der Konsumgesellschaft entziehen. In Wirklichkeit hätten sie aber zur Stärkung der Konsumgesellschaft und einer «Vermarktung» der Welt geführt.

Geniessen und gehen

Die Auflagen der Marktes, der heute nach dem Prinzip «geniesse und verschwinde» funktioniere, seien nicht weniger streng als jene, welche in den 1960er Jahren beseitigt werden sollten. Dieser «Markt» habe die Politik zu einem System gemacht, dessen Aufgabe darin besteht, die Forderungen der Gesellschaft «zu begleiten». Als ein «gutes Beispiel» nennt Denis die «Homo-Ehe». Die Gesetzgebung bezeichnete der Gastredner als ein Instrument, das individuelle Anfragen beglaubigt. Der «Markt» ist in den Augen von Denis eine «Maschine zum Erlangen der Heiligkeit», ein System, das systematisch die alten Normen und Werte zerstört.

Das Christentum stelle die einzige weltweite Macht dar, welche dieses System kritisiere. Und darum provoziere es. Jean-Pierre Denis ist überzeugt, dass die Christen über die Kraft verfügen, «weiter zu sehen» als die übrige Gesellschaft. «Die Gesellschaft hat dies nötig, sie will es aber nicht hören», erklärte Denis in Freiburg. Das sei einer der Gründe dafür, dass vor allem die Medien ständig auf die dunkle Vergangenheit des Christentums zurückkommen. «Unsere Ausgrenzung gibt uns aber den Schlüssel zur Zukunft», monierte der Sprecher.

Schlichter Auftritt, aber stark in der Überzeugung

Die Neuevangelisierung müsse mit Bedacht vor sich gehen. Denis warnt davor, alles auf den Kopf zu stellen und auch vor Überheblichkeit. Christen dürften sich nicht verstecken, sondern müssten zu ihrem Glauben stehen und für dessen Werte einstehen. Denis verweist auf den ersten Auftritt von Papst Franziskus, der mit schlichten Worten vor die Gläubigen auf dem Petersplatz trat. Der Papst habe sich auf typisch christliche Werte berufen, auf «schwache» Werte wie etwa Dienstbereitschaft oder Unentgeltlichkeit. Das Christentum müsse aber auf «Höhe seiner Lehre» bleiben. Das Verhalten der Gläubigen sei darum ausschlaggebend. Sie benötigten zu allererst «ein Herz, das hinhört».

Für die Gesellschaft seien die christlichen Werte unabdingbar, so Denis. Das Christentum vermöge «Fenster zu öffnen, die geschlossen wurden. Ein Fenster auf das Unsichtbare». Der neue «freie» Mensch sei allein und ersticke, erklärte der «La vie»-Chefredaktor abschliessend und fügte an: «Das Christentum ist nicht tot». Es beginnt – und «das Pontifikat, das eben startete, ist das Zeichen dafür».

Datum: 08.04.2013
Quelle: Kipa

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