Pastor Gu Yuese entlassen - Hausarrest
Gu Yuese war Pastor der mit 10'000 Mitgliedern grössten reformierten Kirche Chinas; er war am 22. Januar aus dem Dienst entlassen und sechs Tage später festgenommen worden. Er hatte sich öffentlich dagegen gewandt, dass in der Provinz seit zwei Jahren Kreuze von den Kirchen abgerissen werden.
Bereits am 23. März war der bekannte Anwalt Zhang Kai freigelassen worden; jetzt kam Pastor Gu Yuese ebenfalls frei, wurde aber unter Hausarrest gestellt. Beide gehörten zu den prominentesten Kritikern der Kreuz-Demolitionen der Behörden, der seit zwei Jahren über 2'000 Kirchenkreuze zum Opfer fielen. Ihre Freilassung steht nach Angaben der Menschenrechtsorganisation «China Aid» im Zusammenhang mit dem Besuch des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping beim jüngsten Atomsicherheitsgipfel in den USA.
Zerstörungen dauern an – Verletzte bei Protesten
Gleichzeitig dauern die Zerstörungen von Kreuzen auf christlichen Kirchen in der Provinz Zhejiang unvermindert an. Weil Christen immer wieder friedlich dagegen protestieren, treten die Abbruchtrupps in letzter Zeit in grösseren Gruppen auf und scheuen vor Gewalt nicht zurück. Am letzten Freitag riss eine Gruppe von über 100 Personen das Kreuz von der Shangen-Kirche herunter und verletzte eine Christin schwer, die in einer Gruppe dagegen protestierte. Die Frau wurde zu Boden geschlagen und wegen ihrer Kopfverletzungen ins Spital eingeliefert. Die Polizei und Sicherheitskräfte beim Abriss waren bewaffnet und trugen Schilde, um Gemeindeglieder zurückzudrängen.
Auch von anderen Kirchen in der Gegend wurden die Kreuze abgerissen, so von der Xinhua Christian Church am 21.März, von der Xiaying Church und einer Adventistengemeinde in Cangan County am 22. März, von der Qianzhuang Christian Church am 23. und von der Shangdian Church am 24. März. «Die Behörden sagten uns, dass wir keinen Widerstand leisten sollten. Wenn wir kämpfen würden, würden sie stattdessen die Kirche abreissen», sagte ein anonymes Mitglied einer der Gemeinden gegenüber «China Aid». Andere Quellen berichten von ähnlichen Drohungen.
Mehr Christen als kommunistische Parteimitglieder
Die Behörden begründen die Kampagne mit Bauvorschriften und der Erhaltung eines einheitlichen Strassenbildes. Menschenrechtsorganisationen gehen jedoch davon aus, dass der wachsende Zuspruch für christliche Gemeinden eingedämmt werden soll. Von den Demolitionen betroffen sind Kirchen aller Konfessionen, auch die staatlich kontrollierten Gemeinden.
Nach Schätzungen leben in der fast 1,4 Milliarden Einwohner zählenden Volksrepublik China bis zu 130 Millionen Christen. Damit übertreffen sie die Zahl der 83 Millionen kommunistischen Parteimitglieder.
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Datum: 07.04.2016
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet.ch / idea D / China Aid