Erdogan wittert Verschwörung

Türkische Medien: Andrew Brunson als amerikanischer Geheimagent

US-Präsident Donald Trump forderte ultimativ die Freilassung. Doch dies hat das  tragische Schicksal des seit Oktober 2016 in der Türkei in «Untersuchungshaft» sitzenden amerikanischen Presbyterianers Andrew Craig Brunson noch verschlimmert.
Pastor Andrew Brunson

Während dem presbyterianischen Pfarrer bisher Kontakte zum oppositionellen türkischen Untergrund der «Gülenisten» und der kurdischen PKK unterstellt wurden, so gilt er dort jetzt als «Agent einer evangelikalen Weltverschwörung». Dass sich US-Präsident Donald Trump für die Freilassung des Pfarrers der evangelikalen Auferstehungsgemeinde in Izmir einsetzt, und dass US-Evangelikale Trump bei der Präsidentschaftswahl unterstützt haben, wird in den regimetreuen Medien der Türkei als Beweise für eine islamfeindliche Achse zwischen den Evangelikalen und der Weltmacht USA herangezogen. Dabei wird Brunson die Rolle eines US-Geheimdienstchefs in der Türkei zugewiesen.

USA und Evangelikale als Bedrohung der Türkei

Schon bisher hatte der Politislam mit Iran an der Spitze evangelikalen Kirchen eine israelfreundliche Haltung oder gar zionistische Ideologie vorgeworfen. Die neuen türkischen Unterstellungen nehmen zum Anlass, dass die USA jeden Austausch von Pfarrer Brunson gegen einen in New York wegen Machenschaften mit Teheran verurteilten Bankmagnaten aus Ankara oder gar die Auslieferung von Erdogan-Gegner Fethullah Gülen an die Türkei verweigert. Darauf verkündet jetzt Regimesprecher Ilnur Cevik: «Pastor Brunson ist kein Gegengeschäft mehr!» Stattdessen warf am Dienstag der Nationale Sicherheitsrat unter Erdogans Vorsitz den USA vor, «im Bund mit einer globalen evangelikalen Lobby die Türkei zu bedrohen». Das sei aber unakzeptabel.

Ein Pfarrer als Spielball weltpolitischer Konflikte

Die altbewährte Bündnisgemeinschaft zwischen den USA und der Türkei leidet schon länger unter dem Liebäugeln von Präsident Recep Tayyip Erdogan mit Wladimir Putin. Diesen Sommer sind die Beziehungen Ankaras zu Washington jedoch auf einen Tiefpunkt abgesackt. Was weder der türkische Ankauf russischer Raketen noch Erdogans Militäraktionen gegen die vom Pentagon unterstützten Kurden im syrischen Norden fertig brachte, hat nun das Leiden eines amerikanischen Pastors in der Türkei bewirkt: Die neuerliche Verlängerung der «Untersuchungshaft» von Brunson am 18. Juli um weitere drei Monate wurde zu einer Staatsaffäre zwischen den USA und Ankara.

Auf des Messers Schneide

Der amerikanische Präsident Donald Trump forderte seinen türkischen Amtskollegen auf, für eine rasche Freilassung des langjährigen Pfarrers der Auferstehungsgemeinde in Smyrna (Izmir) zu sorgen. Darauf wurde Brunson in Hausarrest überstellt. Doch verlangte Präsident Trump die völlige, sofortige Freilassung von Brunson und seine Heimsendung in die USA. Im Fall einer Verweigerung drohte er Erdogan mit «massiven Sanktionen». Darauf meldete sich Erdogan mit einer Zurückweisung von Trumps Ultimatum zu Wort. Die Türkei fürchte keine Sanktionen; falls die USA solche verhängten, müssten sie mit dem Verlust der Türkei als Bundesgenossen rechnen.

Am Mittwoch lehnte die türkische Justiz dann ausdrücklich jede Entlassung Pfarrer Brunsons aus dem Hausarrest und die Aufhebung seines Ausreiseverbots ab. Damit verhärten sich die Fronten mit den USA und sein Schicksal als Sündenbock Erdogans noch stärker. Am Dienstag mussten auch alle Kirchen und die Juden – der Türkei ein Dokument unterschreiben, in dem sie bestätigen, volle Religionsfreiheit zu geniessen.

Datum: 02.08.2018
Autor: Heinz Gstrein / Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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