In Jordanien in Menschen investieren
Gerade war Gerhard Tschanz zum zehnten Mal in Jordanien. An einem Tag hatte er eine lange, intensive Sitzung zu bewältigen. Nach dem Meeting machte er sich daran, die 45 Tritte zur Männerwohnung hochzugehen. «Auf einer Zwischenetage roch ich plötzlich Pop-Corn aus einer Küche. Da kam ein 12-jähriges Mädchen, das taub ist, auf mich zu.»
Das Mädchen sah Gerhard, legte Pop-Corn auf seinen Teller und trug es nach oben in sein Zimmer. Beim Abschied teilte das Mädchen dem älteren Herrn in Gebärdensprache mit: «Gott segne dich und gebe dir neue Kraft!» Gerhard musste weinen, als er realisierte, was dieses Mädchen betete. Sie war Muslimin!
Leben durch Gott anders gestalten
Bei seinem Einsatz für «The Holy Land Institute for the Deaf» gehe es nicht darum, «Menschen zu bekehren, sondern Vertrauen aufzubauen und Beziehungen zu leben. Die Leute sind vor Ort nicht gewohnt, dass man ihnen praktisch hilft und sie stellen Fragen. Ich erkläre dann, dass ich früher selbst egoistisch gelebt habe und durch die direkte Beziehung zu Gott mein Leben nun anders gestalten kann. Die Menschen da sind meine zweite Familie geworden.»
Unter anderem lehrt er die gehörlosen Jugendlichen das Backen. «Wir machten zum Beispiel 120 Crêpes. Ich zeigte ihnen wie es geht, dann holten sie einen Stuhl für mich, dass ich nur noch sitzen und zuschauen konnte. Die Jugendlichen bezogen auch Taubblinde mit ein.»
Unter jordanischer Leitung
«Da ihre Sinne anders sind, ist das Leben für sie anders.» Vieles sei non-verbal. «Ihnen kann man nichts vormachen, das ist eindrücklich.»
Das Werk ist inzwischen unter jordanischer Leitung. «Das ist das Ziel, wenn man so etwas aufbaut. Betreffend Kultur, Gemeinschaft und Gastfreundschaft kann man vieles von ihnen lernen.»
Auf dem Anwesen leben 110 junge Menschen zwischen 3 bis 20 Jahre, dazu kommen 10 Tagesschüler.
«In der Schweiz wäre das nicht möglich»
Angegliedert ist eine Schreinerei und eine Malerei. «Andere machten eine Ausbildung an der Universität und arbeiten nun in der Hauswirtschaft. Kürzlich stellten sie 70 Stühle und ein paar Tische für einen Kindergarten in Amman her. Auch die Betten im Haus sind selbst gemacht.»
In der Schweiz wäre das nicht möglich, weil es dort alles Fachkräfte sein müssten, glaubt Gerhard Tschanz. In Thailand sei dies ander: «Hier sehe ich, wie sich ältere Teenies um die jüngeren kümmern. Es ist eine Grossfamilie.»
Zur Webseite:
«The Holy Land Institute for the Deaf»
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Datum: 13.11.2018
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet