Berner Stadtrat

Kein Zwang für einen „Tag der Evolution“

Der Stadtrat von Bern will, dass die Evolutionstheorie von Charles Darwin in der Volksschule thematisiert wird. Deshalb überwies das Stadtparlament ein Postulat, das die Durchführung eines "Evolutionstages" in den Schulen forderte, mit 35 zu 15 Stimmen bei 7 Enthaltungen.
Claude Grosjean (l) und Michael Köpfli.

Es bestehe eine Tendenz, die konfessionelle Neutralität des Schulbetriebs zu unterwandern, hiess es im Postulat der Stadträte Michael Köpfli (GLP) und Claude Grosjean (parteilos). Die Postulanten verweisen dabei auf eine angebliche Zunahme der Zahl von Lehrpersonen mit freikirchlichem Hintergrund. Laut Köpfli müssten die Schüler über die Evolutionstheorie informiert werden, "denn diese sei die einzige Erklärung für die Vielfalt des Lebens".

Eingriff in Lehrplan nicht möglich

Der Gemeinderat, die Exekutive der Stadt, teilt die Auffassung, wonach die Evolutionstheorie in der Schule thematisiert werden soll. Die Stadt könne jedoch nicht in den kantonalen Lehrplan eingreifen, sagte Bildungsdirektorin Edith Olibet (SP). Deshalb könne der Gemeinderat den Schulen die Durchführung eines Evolutionstages nicht vorschreiben.

Man werde die Schulen aber auf die Darwin-Ausstellung im Naturhistorischen Museum aufmerksam machen, versicherte Olibet. Die Ausstellung im Naturhistorischen Museum (NHM) «Es war einmal ein Fink» zum 200. Geburtstag von Charles Darwin, sei einen guter Anlass, auf einfache und anschauliche Weise die Evolutionstheorie im Unterricht aufzugreifen. Die Stadt wolle den Schulen den Besuch der Ausstellung deshalb empfehlen und stellt für die Sekundarstufe 1 auch didaktisches Material zur Verfügung, wie Olibet sagte.

Kreationistischen Strömungen entgegenwirken

Urheber des dringlichen Postulats waren die Grünliberalen. Sie wollten damit den Strömungen, welche die Evolutionstheorie in Frage stellen, namentlich die Vorstellungen der Kreationisten, entgegenwirken.

Es sei bedenklich, sagte Michael Köpfli (GLP), wenn sich ein ansehnliche Minderheit der Studierenden und Lehrkräfte nicht auf die wissenschaftlich fundierte Evolutionstheorie festlegen wollten. Dabei sei sich die Fachwelt einig, dass diese die einzige Erklärung für die Vielfalt des Lebens auf der Erde liefere.

Kreationistisches Gedankengut habe an den Schulen nichts verloren, erklärte Ursula Marti (SP). Für Parteikollegin Giovanna Battagliero war es deshalb ein «extrem angebrachter Vorstoss».

Nur Hypothesen

Beat Gubser (EDU) bestritt den Vorstoss und hielt dagegen, dieser mache glauben, dass an den Schulen ausschliesslich die Schöpfungsgeschichte gelehrt werde. In Wahrheit sei es jedoch wohl eher umgekehrt. Beides seien unbewiesene Theorien, sogar der Lehrplan bezeichne sie als «Hypothesen».

Beat Gubser: „Gemäss dem Volksschul-Lehrplan sollte im Fach Natur Mensch Mitwelt beides unterrichtet werden, die Hypothese über die Abstammung des Menschen (Makro-Evolution) und die Vorstellungen in verschiedenen Religionen. Das ist aus meiner Sicht auch sinnvoll. Es gehört beides zur Allgemeinbildung. Dass die Evolutionstheorie die einzige Erklärung für die Vielfalt des Lebens auf der Erde liefert, stimmt natürlich nicht. Im Gegenteil, sie kann nicht einmal die Entstehung des Lebens erklären. Gemäss der Evolutionstheorie soll das Leben nämlich durch zufällige Reaktionen entstanden sein. Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft kann aber die Entstehung des Lebens aus unbelebter Materie nicht erklärt werden. Die bisherigen Ergebnisse deuten sogar eher darauf hin, dass Leben nicht zufällig entstanden sein kann."

Datum: 08.09.2009
Quelle: Livenet / Kipa

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