Embryo ist Mensch

Patente auf Stammzellen in EU verboten

Der Europäische Gerichtshof sieht befruchtete Eizellen als Embryonen und damit als menschliches Leben an. Wer mit Zellen aus Embryonen forscht, darf das Ergebnis nicht mit Patenten schützen.
Ergebnisse aus der Stammzellenforschung sind laut Europäischem Gerichtshof nicht patentierbar.

«Der Begriff des menschlichen Embryos ist weit auszulegen», schreiben die höchsten EU-Richter in dem am Dienstag eröffneten Grundsatzurteil zur Biotechnologie-Richtlinie der Europäischen Union. Jede menschliche Eizelle sei vom Stadium ihrer Befruchtung an als «menschlicher Embryo anzusehen, da die Befruchtung geeignet ist, den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen». Das Gleiche gelte für unbefruchtete Eizellen, die durch Zellkern-Transplantation oder andere technische Eingriffe von aussen zur Weiterentwicklung angeregt worden seien.

Forschung mit Profitdenken

Nach dem Urteil dürfen Verfahren, die menschliche embryonale Stammzellen nutzen, in der Regel nicht patentiert werden. Wenn für die Gewinnung von Zellen Embryonen zerstört würden, verstosse dies gegen die Menschenwürde. Die Verwendung menschlicher Embryonen zur wissenschaftlichen Forschung könne «nicht von einer industriellen und kommerziellen Verwertung getrennt werden und dadurch dem Ausschluss von der Patentierung entgehen», hält der Europäische Gerichtshof in Luxemburg fest. Der Schutz einer Erfindung schliesse immer auch deren industrielle oder kommerzielle Verwertung ein.

Ein EU-weit gültiger Embryo-Begriff

Die EU-Richter bestehen auf einer «einheitlichen Definition des Begriffs des menschlichen Embryos» im EU-Raum, da sonst «die Urheber bestimmter biotechnologischer Erfindungen versucht wären, deren Patentierung in denjenigen Mitgliedstaaten zu beantragen, die die engste Konzeption des Begriffs des menschlichen Embryos haben». Das aber würde das «reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts beeinträchtigen».

Schutz der Menschenwürde

Forscher zeigten sich enttäuscht, doch auch in Deutschland, von wo die Rechtssache nach Luxemburg gelangte, ist die Stammzellforschung keineswegs verboten. Allerdings fällt der Profit weg, den die Verwertung von Patenten mit sich bringt. Mathias Treier, Professor an der Berliner Humboldt-Universität, bezeichnete gegenüber der Zeitung «Die Welt» das Urteil als grundsätzliche moralische Stellungnahme: «Die Menschenwürde steht über wirtschaftlichen Interessen, der Mensch ist nicht patentierbar.»

«Nur der Schöpfer hat ein Patent»

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, begrüsste das Urteil. Auf menschliches Leben habe «nach unserem Glauben nur einer ein Patent, und das ist Gott, der Schöpfer». Menschliches Leben dürfe aber nicht ökonomisiert werden. Es dürfe nicht sein, «dass Menschen anderes menschliches Leben verzwecken und zu Geld machen».

Zum Thema:
Grundsatzurteil zur Biotechnologie-Richtlinie der Europäischen Union.


Datum: 19.10.2011
Autor: Peter Schmid

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