Die EDU, die EVP und die Freikirchen
Die Leiterkonferenz des Verbandes VFG – Freikirchen Schweiz wollte es genauer wissen und lud je einen Repräsentanten der beiden Parteien an einen Tisch anlässlich der Leiterkonferenz vom 24. März 2011. Die EDU delegierte ihren alt Nationalrat Christian Waber, die EVP ihren Medienbeauftragten Niklaus Hari.
EDU: Klarheit
Für Christian Waber ist die Sache klar: «Der christliche Politiker weiss, worauf er aufbaut. Der weltliche Politiker muss sich immer neu an die Umstände anpassen.» Mit Berufung auf das Gleichnis vom Haus auf dem Sand und dem Haus auf Felsen, sagte der EDU-Politiker: «christliche Politik baut auf festen Grund und muss sich nicht stets neu orientieren.»
Waber, der auf Einladung der Leiterkonferenz der Freikirchen die EDU vertrat, räumte ein, dass es zahlreiche politische Fragen gebe, die aus christlicher Sicht unterschiedlich beurteilt werden könnten. Klarheit bestehe aber in Fragen wie Homosexualität oder dem Lebensrecht – von der Abtreibung bis zur Euthanasie.
Für die politische Entscheidfindung ist für Waber keine reflektierte biblische Theologie nötig. Für ihn sind zentrale Stellen wie die 10 Gebote entscheidend. Das erste Gebot habe die EDU zum Beispiel in bei der Minarettinitiative geleitet. In vielen Fragen sei für ihn die persönliche Leitung durch den Heiligen Geist ausschlaggebend. Obwohl er zum Beispiel der EVP das Recht auf konträre Positionen einräumt, bedauerte er die «Lieblosigkeiten» in der Auseinandersetzung um Sachfragen.
EVP: Politik der kleinen Schritte
Niklaus Hari erläuterte den Grundsatz der EVP: «Wir wollen christliche Werte in eine menschliche Politik umsetzen.» Von diesem Ansatz her komme seine Partei oft zu andern Schlüssen als die EDU. Politik sei nach seinem Verständnis immer eine vorläufige Sache, so Hari. «Und Menschen in der Politik können sich irren.»
Das EVP Programm sei vom Reich Gottes-Denken geprägt. Einem «Reich», das zwar schon präsent, aber noch nicht voll durchgebrochen sei. «Es kann nicht unser Ziel sein, einen Gottesstaat zu errichten.» Die EVP könne aber in kleinen Schritten mehrheitsfähigen Lösungen zum Durchbruch verhelfen, welche die Lebensumstände der Menschen verbessern.
Dies schliesst nicht aus, dass in zentralen Fragen wie dem Lebensrecht beide Parteien auch am gleichen Strick ziehen. Für die EVP sei heute entscheidend, Lebenswerte wie Ehe- und Familienbeziehungen zu stärken und Hoffnung für die Menschen zu vermitteln.
Gegenseitige Wünsche
In der anschliessenden Diskussion wünschten Freikirchenleiter, dass beide Parteien den Medien keinen Anlass geben, ihre Differenzen öffentlich auszuschlachten. Waber wandte ein, dass die Differenzen kaum in der Öffentlichkeit, sondern in den Gemeinden ausgetragen würden, worin er kein Problem sehe. Die Diskussion sei aber besser geworden. Man spreche sich nicht mehr gegenseitig das Christsein ab. Beide Parteien wünschen eine aktivere Rolle der Gemeinden bei der Sensibilisierung der Christen für politisches Engagement oder zumindest für die Teilnahme an Abstimmungen und Wahlen.
Skeptisch beurteilten Freikirchenleiter politische Veranstaltungen in der Gemeinde. Auf Allianzebene könnten aber kontradiktorische politische Veranstaltungen, zum Beispiel vor Wahlen stattfinden, wandte Niklaus Hari mit Verweis auf ein unlängst durchgeführtes Wahlpodium der Evangelischen Allianz in Winterthur ein.
Datum: 31.03.2011
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet.ch