Jesus und die Zukunft: Wehen einer besseren Welt

Der Himmel setzt sich gegen alles Zerstörerische und Lebensfeindliche durch. Diese fröhliche Gewissheit kommt bei Jesus herüber. Er handelt im Bewusstsein: Gott wird gewinnen. Doch ohne Kampf und Schmerz geht das nicht ab.
Triumph Gottes

Gott wird zurecht bringen, was daneben geht. Er wird wiederherstellen, was zerfällt, und heilen, was jetzt leidet (1). Jetzt!! beginnt Gott das zu tun, verkündet der Wanderprediger aus Nazareth mit Nachdruck, landauf landab in Galiläa, auch in Judäa und in der Stadt Jerusalem (2). Dies ist die Herrschaft Gottes unter den Menschen - und sie kommt vom Himmel (3). Sie kommt zum Tragen in der Proklamation durch ihn, in den Worten, die von Zeichen göttlicher Macht unterstrichen werden (4).

Wende der Geschichte

Jesus lebt für die Herrschaft Gottes unter den Menschen. Er traut Gott alles zu - und verschweigt das Drama nicht, das mit ihr heraufzieht. Bisher haben die Völker mit- und nebeneinander gelebt (5). Grenzen wurden beachtet und oft überschritten, Zivilisationen und Reiche rivalisierten miteinander, während Gott mit seinem Bundesvolk, den Israeliten, einen eigenen Weg ging (6).

Doch nun tritt die Weltgeschichte in eine neue Phase: Gott errichtet unter den Menschen seine Herrschaft - anderer Qualität, nicht politischer, sondern geistlicher Natur -, während die alten Strukturen noch bestehen. Fromme Gelehrte fragten Jesus einmal, wann denn das Reich Gottes komme, und er antwortet: „Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es beobachten könnte. Man wird auch nicht sagen können: Hier ist es! oder: Dort ist es! Denn seht, das Reich Gottes ist mitten unter euch" (7).

In der Spannung

Jene Menschen, die sich auf die von Jesus verkörperte Herrschaft Gottes einlassen, gehören in einem gewissen Sinn zwei Reichen an und leben in der Spannung zwischen ihnen. Vor seiner Kreuzigung betet Jesus: „Die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, wie auch ich nicht von der Welt bin... Ich bin nicht mehr in der Welt, sie aber sind in der Welt, und ich komme zu dir. Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen... Ich bitte dich nicht, dass du sie aus der Welt hinwegnimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst" (8).

Netzwerk im Gegenwind

Ein neuartiges Netzwerk umfasst die von Jesus gesammelten, von Gott erneuerten und auf dem Boden des Evangeliums zusammengefügten Menschen. Es wächst, ist aber vorerst unscheinbar und nach weltlichen Massstäben schwach. Zu alledem verhärten sich die alten Strukturen. Ihre Herrscher widersetzen sich dem Neuen, Gottes Vorhaben und den Menschen, die es realisieren (9). Bald spürt Jesus diesen Gegenwind, der sich versteift und zum tödlichen Hass steigert. Sollte er klein beigeben, seinen Anspruch zurückschrauben, sich in die Wüste verziehen, mit einem treuen Grüppchen auf bessere Zeiten warten? Nein, Furcht kann ihn nicht vom Weg abbringen; er hat seinen Blick seit langem auf Jerusalem gerichtet (10).

Krise

Aber er weiss: Vor dem endgültigen Triumph Gottes kommen schwere Zeiten auf ihn und seine Leute zu. Er selbst wird durch Verfolgung und Leiden - sogar durch den Tod! - hindurch zum Sieg gelangen. In gewisser Parallele dazu werden auch seine Menschen Gottes Reich ererben, indem sie sich während einer Krise bewähren (11). In diesem Sinn lässt sich das Bild von den Geburtswehen verstehen: Sie sind Schweres, Katastrophen und Leiden in einer Übergangszeit, da sich die Gegensätze zuspitzen, bis das Neue endlich ganz und sichtbar da ist (12).

Der Tag des Triumphs

So visionär Jesus auf das kommende Reich Gottes hinsieht und davon inspiriert ist, verschweigt er doch die Widerstände nicht, die seine Nachfolger antreffen werden. „Es werden Tage kommen, da werdet ihr danach verlangen, auch nur einen der Tage des Menschensohnes zu sehen, und ihr werdet ihn nicht sehen" (13). Die Christen sollen sich nicht täuschen und verführen lassen - und nicht den Mut verlieren: „Wenn ihr von Kriegen und Unruhen hört, so erschreckt nicht! Denn das muss zuvor geschehen, aber das Ende kommt noch nicht so bald."

Der Gang der Dinge wird unruhiger und konfliktreicher werden, „furchtbare Dinge werden geschehen und vom Himmel her gewaltige Zeichen erscheinen." Besonders schlimm: Auch die Stadt Jerusalem, in der Gott seinen Namen wohnen liess, wird an die Gottlosen fallen und von ihnen mit Füssen getreten werden (14). Doch dann sind die Zeiten der Völker endlich erfüllt, das Ende der Wehen erreicht - der Tag des Menschensohns, der Tag seines triumphalen Kommens als Herrscher über alle, ist da (15).

„Himmel und Erde werden vergehen..."

An diesem Punkt macht Jesus einen unüberbietbaren Anspruch geltend, in dem aber auch viel Trost steckt: „Himmel und Erde werden vergehen, meine Worte werden nicht vergehen" (16). Es geht darum, schliesslich auf der Seite des Siegers zu stehen. Mit ihm, dem bevollmächtigten Herrscher Gottes, leben und an seinem Triumph über alle Widersacher Anteil haben - wer wollte das nicht? (17)

Jesus lässt erkennen, dass die Wehen durchzustehen einiges erfordert (18): „Gebt acht auf euch, dass euer Herz nicht schwer werde von Rausch und Trunkenheit und Sorge ums Leben und dass jener Tag nicht jäh über euch komme wie eine Schlinge. Denn er wird über alle hereinbrechen, die den Erdkreis bewohnen. Seid also allezeit wachsam und betet, damit ihr die Kraft bekommt, all dem zu entrinnen, was geschehen wird, und vor den Menschensohn zu gelangen."

Aus dieser Serie:
Jesus und die Zukunft: Das grosse Fest
Jesus und die Zukunft: Dienen und herrschen
Jesus und die Zukunft: Der Fürst des Friedens
Jesus und die Zukunft: Der Sieg des Lebens
Jesus und die Zukunft: Keine Sorge!
Jesus und die Zukunft: Der Menschensohn

(1) Unter den Propheten der Bibel haben es Jesaja und Sacharja und andere angekündigt; in Offenbarung 19-22 schaut Johannes die Erfüllung.
(2) Markus 1,15 gibt die Hauptbotschaft von Jesus knapp wieder.
(3) Der Evangelist Matthäus, der für Juden schreibt, gibt die Lehre Jesu mit der jüdischen Redeweise von der Herrschaft der Himmel wieder (die Juden vermieden die Erwähnung Gottes aus Ehrfurcht), der Evangelist Lukas, der sich an Nichtjuden richtet, spricht ausdrücklich von der Herrschaft Gottes.
(4) Hebräer 2,3.4 erwähnt diesen Zusammenhang von Proklamation und bestätigenden Zeichen (Wunder) und schliesst die fortdauernde Proklamation durch die erste Generation nach Jesus ein.
(5) Paulus verweist darauf in seiner Ansprache in Athen, Apostelgeschichte 17,26.30.31.
(6) Allerdings verkünden mehrere Propheten des Alten Testaments Gottes Richtersprüche über fremde Völker. Nicht nur Israel ist seinen Gerechtigkeitsmassstäben unterworfen, vgl. Amos 1,3-2,16.
(7) Lukas 17,20.21
(8) Die Sätze finden sich im Zusammenhang in Johannes 17,9-19. Johannes verwendet für die von Menschen strukturierte Welt das griechische Wort ‚kosmos'.
(9) Die Widerstände werden in allen vier Evangelien ausführlich dargestellt; sie führen zu aufmunternden und herausfordernden Worten von Jesus an seine Freunde, etwa in Lukas 12.
(10) Lukas spannt in seinem Bericht einen grossen Bogen, von 9,51 zu 19,28.
(11) Das Wort ‚Krise' bedeutet auch: Zeit der Entscheidung.
(12) In Matthäus 24,8 spricht Jesus vom ‚Anfang der Wehen'.
(13) Lukas 17,22
(14) Lukas 21,9-24
(15) Lukas 21,25-27
(16) Lukas 21,33
(17) Alle Religionen mit einem linearen Geschichtsbild behaupten, darauf hinzuführen.
(18) Lukas 21,34-36. Einer der ersten Christen mahnt: „Gebt acht, dass niemand hinter der Gnade Gottes zurückbleibt. Dem Frieden jagt nach mit allen und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird", Hebräer 12,16.15.

Datum: 20.03.2009
Autor: Peter Schmid
Quelle: Jesus.ch

Werbung
Livenet Service
Werbung