Eine der grössten Christusstatuen der Welt in Planung
Fast niemand kennt Boadilla del Monte. Der spanische Ort liegt gut 20 Kilometer von Madrid entfernt im Schatten der Hauptstadt. Wenn es nach dem Stadtrat und einem katholischen Trägerverein geht, dann wird sich diese Unbekanntheit bis 2030 ändern. Dann soll hier «die grösste Christusstatue der Welt» errichtet werden und Gläubige wie Touristen anziehen.
Eine Idee mit Geschichte
Das Ganze ist keine spontane Marketingidee, sondern hat bereits einigen Vorlauf. Die Stadt stellte schon 2019 ein Gelände für die geplante Monumentalfigur zur Verfügung, die laut Stadtrat Pascual Egea ein Monument «vom Volk für das Volk» werden soll. Als Konstrukteur wurde der Künstler Javier Viver gewonnen, der schon etliche religiöse Skulpturen realisiert hat. Torso und Kopf der neuen Christusstatue sollen aus Stahlbeton gefertigt werden, die ausgestreckten Arme aus Kohlefaser. Als Kosten für den Bau wurden bislang 17 Millionen Euro veranschlagt. Das Projekt wird allerdings nicht von der Kirche finanziert, sondern durch einen Trägerverein, die «Asociación de Devotos del Corazón de Jesús de Boadilla» – die Vereinigung der Gläubigen des Herzens Jesu von Boadilla. Das notwendige Geld soll mit einem weltweiten Crowdfunding-Projekt gesammelt werden. Die ersten 95'000 Euro sind wohl bereits gespendet worden. Bis zum Baubeginn ist allerdings ein finanzieller Sockel von fünf Millionen Euro nötig.
Es bleiben Fragen
Immer wieder gehen Berichte von grossen und noch grösseren Christusstatuen durch die Medien. Die bekannteste ist zweifellos immer noch «Cristo Redentor» in Rio de Janeiro. Die fast 100 Jahre alte Figur gehört mit ihren 30 Metern Höhe (ohne Sockel) zu den grössten der Welt. In Brasilien wurde sie vor zwei Jahren von der Skulptur «Cristo Protector Encantado» mit 36 Metern Höhe überholt. Der geplante «Corazón de Jesús de Boadilla» bei Madrid soll mit 37 Metern noch einen Meter höher und damit die grösste Christusfigur der Welt werden. Die steht allerdings momentan in Nordsumatra, Indonesien und ist mit 61 Metern Höhe wohl auf absehbare Zeit die grösste der Welt.
Neben solchen Fragen rund um die Grösse stellt sich natürlich auch die nach dem Sinn der Aktion. Die einen wollen Boadilla del Monte als Pilger- und Touristenzentrum etablieren, andere bezweifeln diese Möglichkeit und kritisieren in Zeiten der leeren Kassen die Millionenausgaben für ein solches Prestigeprojekt. «Angesichts der Wohnungspreise in Boadilla zum Beispiel macht es keinen Sinn, Land für so etwas zur Verfügung zu stellen», meinte Alessandra del Mónaco, Vorsitzende der örtlichen Sozialistischen Partei. Die Befürworter halten dagegen, dass die Monumentalstatue «weder ein Luxus noch eine dekorative Geste, sondern ein mutiger Aufruf zur Hoffnung in einer Zeit der Desillusionierung und Polarisierung» sei.
Offen ist auch die Frage, was mit den gesammelten Geldern geschehen soll, falls die benötigte Summe für den Bau nicht zustande kommt. Eine Rückvergütung ist nämlich nicht eingeplant. Wahrscheinlich wird dann eine Kleinversion der Figur umgesetzt.
Die Suche nach Grösse
Tatsächlich scheint es ein Zeichen der Zeit zu sein, dass Christen monumentale Darstellungen suchen: eine Arche in Originalgrösse, wie sie im US-Staat Kentucky steht, oder eben überdimensionale Christusfiguren, die Macht und Stärke ausstrahlen sollen – in einer Situation, wo die Kirche eher am Schrumpfen ist. Ist solch eine Skulptur wie die geplante nun eher ein positiver Identifikationspunkt oder eine Flucht in Grössenfantasien? Wahrscheinlich bietet sie von beidem etwas.
Dazu kommt eine besondere Erfahrung, die diese neue Statue bieten soll: Sie soll nicht nur begehbar werden, sondern «nahbar» sein. Im Zentrum wird sich ein zweieinhalb Meter grosses goldenes Herz befinden, das für das Herz Jesu steht. Es soll leuchten und Herztöne von sich geben. Über ein Rollensystem kann man es absenken, sodass es möglich sein wird, dass Besuchende es berühren. Was sich für viele eher kitschig anhört, begegnet bei anderen der tiefen Sehnsucht nach «Nähe zu Gottes Herz». Es darf infrage gestellt werden, ob diese Nähe nach dem Anstehen in einer Besucherschlange mit einem künstlichen Herzen möglich ist – den Wunsch danach spiegelt es aber wider.
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Datum: 30.07.2025
Autor:
Hauke Burgarth
Quelle:
Livenet