PORTRÄT

Sie haben im Winter den «zweiten Frühling» erlebt

Spätes Glück: Die Einladungen zur Hochzeit waren verschickt… Dann muss die Braut ins Spital, der Bräutigam in die Klinik eingewiesen werden. Das Fest wird abgesagt. Das Paar fand doch noch zusammen. Mit ihnen sprach idea-Redaktor Thomas Feuz.
Marianne und Beat Neuenschwander

In der guten Stube fällt der Kalender ins Auge: «Gott verwandelt den Sturm in Stille, und es legten sich die Wellen» (Die Bibel, Psalm 107, Vers 29). «Wir erlebten manchen Sturm, bis wir endlich ein Paar wurden», erinnern sich Marianne und Beat. «Gott hat die Wellen um uns herum geglättet und uns einen tiefen Frieden geschenkt.» Die Stürme bleiben auch heute nicht aus. «Aber Gott richtet uns immer wieder auf.»

Die Kräfte reichten nicht (mehr)

Marianne ist auf einem Bauernhof in der Nordostschweiz aufgewachsen, nahe der Grenze zu Deutschland. Mit 16 Jahren erfuhr ihre idyllische Welt erstmals einen tiefen Riss. Kurz darauf starb ihr Bruder mit 28 Jahren an einem Herzversagen. «Ihren 1. Hochzeitstag verbrachte meine Schwägerin als Witwe. Warum lässt Gott so etwas zu?», fragte sie sich.

Seit jeher liebte Marianne die Berge und Seen. Sie heiratete und zog ins Gebiet der bernischen Voralpen um. Das Glück dauerte nicht lange. Mariannes Mann duldete es nicht, dass sie ihren Glauben öffentlich lebte. «Immer wieder hatte ich probiert, es den Kindern zuliebe auszuhalten. Nach 20 Jahren ging es einfach nicht mehr.» Der Umzug von einem grossen Bauernhaus in eine kleine Wohnung bedeutete trotz der plötzlichen Enge einen Befreiungsschlag. Die dreifache Mutter stieg wieder in die Pflege ein. Hier folgte der nächste Schlag: «Ich verunfallte und fand mich im Spital wieder.» Zehn Tage später konnte sie dieses verlassen – und erwachte tags darauf nach einem Hirnschlag erneut auf der Station.

Das Unmögliche wird möglich

Seither geht Marianne den Menschen aus dem Weg, sucht Gott in der Stille. «Früher besuchte ich Gott in der Gemeinde. Heute besucht Gott mich durchs Radio.» Während Jahren betete sie: «Wenn ich noch einmal mit einem Mann glücklich werden darf, dann schenke ihn mir!» Schon beim ersten Kontakt war eine Verbundenheit spürbar, wussten sie: «Es passt!»

Sie begannen mit den Hochzeitsvorbereitungen. Die Zivilhochzeit war an Mariannes Geburtstag Ende Oktober geplant. Doch Beat musste in eine Klinik eingewiesen werden, Marianne wurde bewusstlos ins Kantonsspital überführt. Kurz zuvor erlitt Beat ein Herzversagen. Der zivile Termin wurde abgesagt, der Termin für die kirchliche Hochzeit am 9. Dezember vorerst beibehalten. Das Unmögliche geschah: Kurz davor konnte  Beat das Spital verlassen! Am Hochzeitsfest nahmen nur das Brautpaar, der Pfarrer und Brautzeugen teil.

Der aufmerksame Gott

«Wir können die Wege Gottes oft nicht verstehen. Aber wir dürfen Mut fassen, weil er uns immer wieder hilft.» Wenn Beat eine psychische Störung erleidet, suchen die Beiden die Einsamkeit in der Natur. «Häufig spricht ein Bibelwort zu uns oder Lieder wie ‹So nimm denn meine Hände und führe mich›. Sie entstanden oft in Zeiten tiefster Not und sprechen uns deshalb direkt an.»

Marianne und Beat erleben ihr neues Glück sehr intensiv. Wenn schwierige Zeiten kommen, wissen sie, dass Gott sie durchträgt. «Gott sieht auch den übernächsten Schritt. Dass er uns täglich zur Seite steht, ist ein grosses Geschenk für uns. Er hat alles so wunderbar geführt.» Nachdem sie beide ihr ehemaliges Umfeld verloren haben, fanden sie das grösste Glück der Welt: Sich selbst und ein Gegenüber. Und Gott «als Dritten im Bund». Die Liebe von Marianne und Beat ist unabhängig von äusseren Umständen und der (Jahres-)Zeit.

Datum: 13.10.2011
Autor: Thomas Feuz
Quelle: idea

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