Denn auch Josef hatte es nicht leicht im Leben: Erst wird er in die Sklaverei verkauft, dann landet er unschuldig hinter Gittern. Und trotzdem gibt er nicht auf, freundet sich mit dem Gefängnisleiter an, wird schliesslich vom Pharao entlassen und rettet die Ägypter vor dem Hungertod. Und auch von Leuten, die falsche Entscheidungen treffen, wimmelt es in der Bibel: König David etwa begeht mit Batseba Ehebruch, tötet ihren Ehemann und verliert den eigenen Sohn. «Es geht darum, die Heilige Schrift als Basis für eine Charakterschulung zu nutzen», erläutert Cassandra Smith, die ehrenamtlich als Seminarleiterin für «Jobs for Life» arbeitet. Die gemeinnützige Organisation, die mittlerweile in fast allen US-Bundesstaaten vertreten ist, hat es sich zum Ziel gesetzt, schwer vermittelbaren Langzeitarbeitslosen einen Job zu besorgen. Zu ihren Kunden gehören nicht nur Ex-Häftlinge, sondern auch ehemalige Drogenabhängige, langjährige Sozialhilfeempfänger oder schlicht Hausfrauen, die nach Jahren des Daheimbleibens wieder ins Berufleben zurück wollen. Ex-Häftling Jones gehört zu insgesamt acht Kursteilnehmern, die sich zweimal in der Woche in einer presbyterianischen Kirche in Durham im US-Bundesstaat North-Carolina zusammenfinden. Im Seminar sollen die Teilnehmer lernen, wieder Vertrauen in sich und die eigenen Fähigkeiten zu fassen und Probleme zu überwinden. «Vieles von dem, was Noah und Josef durchmachen müssen, erleben auch wir im täglichen Leben», sagt die Hausfrau Elaine Grenon, die seit vielen Jahren einen Job sucht. «Aber statt auszurasten, sollte man einen besseren Weg finden, mit Problemen umzugehen. Und wenn du dich an Gottes Wort orientierst und an ihn glaubst, dann kannst du es schaffen», sagt sie. Der Teilnehmerin Tameka Holman (24) hat das Bibelstudium gezeigt: «Egal, in welcher Sackgasse du im Leben steckst, du findest immer einen Weg heraus.» Religion könne eine äusserst wichtige Rolle bei dieser Art von Kursen spielen, sagt auch die Ökonomin Rebecca Blank von der Universität Michigan: «Denn da heisst es: 'Du bist nicht allein, hier erhältst eine zweite Chance, und Jesus ist mit dir.'» Das sei sehr motivierend für Menschen, die sich am Boden fühlten, einsam seien und nicht an sich selbst glaubten, analysiert sie. Ausserdem werden in dem Kurs auch praktische Tipps gegeben: Die Teilnehmer lernen, wie eine Bewerbungsmappe auszusehen hat und wie man sich beim Vorstellungsgespräch zu verhalten hat. «Jobs for Life» hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Im Jahr 2006 sollen mit Hilfe des Kurses 52.000 Menschen eine Arbeit finden. US-Präsident George W. Bush, selbst tief religiös, ist bereits auf die Organisation aufmerksam geworden und hat sich mit dem «Jobs for Life»-Vorsitzenden Skip Long getroffen. Finanzielle Hilfe von staatlicher Seite lehnt die Organisation jedoch ab. Sie will vormachen, dass es auch ohne Subventionen geht. «Jobs for Life» hofft aber auf die Zusammenarbeit mit christlichen und jüdischen Gemeinden im ganzen Land. Für 500 Dollar können interessierte Pfarrer, Rabbiner und gemeinnützige Vereine das Unterrichtsmaterial für einen viermonatigen Kurs von der Website bestellen, um dann auch in der eigenen Gemeinde oder im eigenen Stadtviertel Kurse geben zu können. Die Erfolgsaussichten der Teilnehmer sind sehr gut: Letztes Jahr fanden 80 Prozent der Teilnehmenden einen Job, der ihnen in aller Regel auch gut gefiel. Bei nicht religiös orientierten Kursen liegt die Erfolgsquote nur bei 60 Prozent. Für viele Teilnehmer ist es gerade die Kombination von praktischer und spiritueller Schulung, die ihnen hilft. «Jobs for Life» will Hoffnung vermitteln, und deshalb zitieren alle Kursleiter aus dem Buch Jeremia, Vers 29:11: «Denn ich weiss wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der Herr: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.»
Datum: 26.12.2005
Jobs für Randständige
Den Weg aus der Sackgasse finden
Subventionen abgelehnt
Hohe Erfolgsquote
Quelle: Epd
16 Jahre lang sass Willie Jones wegen Drogenhandels im Gefängnis. Gerade entlassen, sah sich der kräftig gebaute Mann Mitte 50 bei der Jobsuche mit schier unüberwindbaren Schwierigkeiten konfrontiert. Doch dann fand Willie tatkräftige Unterstützung – ausgerechnet in der Bibel: «Ich orientiere mich an dem, was Josef im Alten Testament passiert», sagt er.