Spielsucht

Betroffene belasten auch ihr Umfeld

Fachleute müssen mehr über problematisches Spielverhalten wissen, schreibt die «Sucht Schweiz». Die Prävention stehe noch in den Anfängen und die Öffentlichkeit sei wenig sensibilisiert.
Mehr als 120.000 Personen in der Schweiz spielen exzessiv.
Überfordert
Junges Paar verstritten


Im Auftrag von zehn Deutschschweizer Kantonen hat «Sucht Schweiz» eine Bestandsaufnahme durchgeführt. Ihr zufolge drängen sich vorbeugende Massnahmen auf, denn mehr als 120.000 Personen in der Schweiz spielen exzessiv.

Laut einer Studie zeigen 1,5 Prozent der Bevölkerung ab 15 Jahren ein risikoreiches Glücksspielverhalten, und weitere 0,5 Prozent sind spielsüchtig. Sie verlieren die Kontrolle und bringen sich und ihre Angehörigen in Schwierigkeiten und Geldnöte.

Mehr als 23.000 Personen sind in der Schweiz mit einer Spielsperre eines Casinos belegt. «Die Problematik ist da und die Prävention muss intensiviert werden», stellt Silvia Steiner fest, Präventionsfachfrau von «Sucht Schweiz». Sie koordiniert das Projekt zur Glücksspielsucht, das diese Organisation im Auftrag von zehn Deutschschweizer Kantonen leitet.

Kaum Vorbeugung

Die umfassende Analyse zeigt: Die meisten Präventionsfachstellen bräuchten mehr Wissen sowie den Auftrag, Prävention für Glücksspielsucht zu betreiben. Vorbeugende Massnahmen gibt es in der Deutschschweiz bisher kaum, und Betroffene wissen oft nicht, wo sie sich hinwenden können.

Das öffentliche Bewusstsein für die Glücksspielproblematik ist wenig ausgeprägt. Nötig ist ein Paket von Massnahmen, welche die Spiele selbst, die Werbung und den Zugang zu den Spielen einschränken.
 
Gleichzeitig müssen besonders gefährdete Gruppen, Angehörige von problematisch Spielenden und die Allgemeinbevölkerung angesprochen werden. «Auch eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Spielanbietern und Suchtfachstellen ist wünschenswert, da die problematisch Spielenden am besten während des Spiels erreichbar sind», ergänzt Silvia Steiner.
 
Arbeitslose sind besonders gefährdet. Und wer von hohen Gewinnchancen und der Kontrolle über Gewinn und Verlust überzeugt ist, der riskiert auch mehr. Eine grössere Risikobereitschaft fördern bestimmte Spiele selbst: schnelle Spielabfolgen oder Effekte wie Musik oder Licht. Starker Alkoholkonsum und intensives riskantes Spiel treten bei Betroffenen häufig zusammen auf.

Internet fördert Spielsucht besonders stark

Nebst den klassischen Casinospielen wie Roulette, Poker und Geldspielautomaten sowie den herkömmlichen Lotterie- und Wettangeboten finden sich vielfältige Angebote an Glücksspielen im Internet. Der Zugang rund um die Uhr, schnelle Spielintervalle, fehlende soziale Kontrolle, bequeme Zugangsmöglichkeiten von zuhause und am Arbeitsplatz fördern das problematische Glücksspiel.

Erste Studien zeigen: Wer im Internet spielt, verbringt damit mehr Zeit und verspielt mehr Geld als andere Spielende. Hier braucht es eine griffige Kontrolle, beispielsweise bei der Verfolgung illegaler Anbieter – «eine der grossen Herausforderungen der Zukunft», schreibt «Sucht Schweiz».

Umfeld leidet mit


Menschen, die von Spielsucht betroffen sind, haben nicht nur selbst ein Problem. Auch ihr Umfeld leidet an dieser Abhängigkeit. Das berichtet Andreas Czerny, Geschäftsführer der Landesstelle Glücksspielsucht. «Hinter jedem süchtigen Glücksspieler stehen zehn bis fünfzehn mitbelastete Angehörige. In der Regel sind das Partner, Geschwister, Kinder und Eltern. Die Situation löst auch bei ihnen oft psychische Leiden aus und erfordert Hilfe von aussen», so der Experte.

Beziehungen gestört

Da Glücksspielsüchtige meist Männer sind, betrifft das Angehörigen-Problem vor allem die Ehefrauen. «Glücksspielsüchtige lügen und tarnen ihre Abhängigkeit geschickt, kommen regelmässig später nach Hause als angekündigt und verlieren stets Geld von ihrem Konto. Die Frauen mutmassen in Folge oft, ihr Mann habe eine Geliebte, und werden erst sehr spät auf die Sucht aufmerksam», erklärt Czerny. Die meisten Beziehungen bei Glücksspielsucht sind schon deshalb sehr belastet, zudem steht oft das Haushaltseinkommen am Spiel.
 

Datum: 09.09.2010
Quelle: SSF/pte/Livenet

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