Soziale Einrichtungen der Kirchen in der Zwickmühle

Caritas

Bonn. Soziale Einrichtungen der Kirchen geraten zunehmend in die Zwickmühle: Die Zahlungsmoral der chronisch klammen Sozialhilfeträger, Kranken- und Pflegekassen wird immer schlechter. Zahlungen werden unter Hinweis auf Nichtzuständigkeit verweigert oder verschleppt.

Auf der anderen Seite steht das christliche Selbstverständnis: Als kirchliche Pflegeeinrichtung einen hilfebedürftigen Menschen auf die Strasse setzen, weil sein Kostenträger nicht für ihn zahlt? Unmöglich. Doch wie erklärt die Einrichtung dem Träger ihre Aussenstände, wenn der Kassensturz kommt?

Der Caritasverband Münster hat das Problem jetzt öffentlich gemacht. "Uns sind viele Fälle bekannt, die zum Teil vor Gericht anhängig sind, in denen Caritas-Einrichtungen, oft mit Absicht, ausgenutzt werden. Angehörige verweigern Zahlungen an das Altenheim in der Hoffnung, der alte Mensch werde schon nicht vor die Tür gesetzt. Jugendämter stellten die Zahlungen für Heimkinder ein, wenn diese 18 Jahre alt werden - auch wenn sie noch nicht selbständig leben können", kritisiert Dieter Geerlings, Vorsitzender des Caritasverbandes Münster. Vor allem kleinere Einrichtungen könnten solche Praktiken in den Ruin treiben. "Die Caritas muss deshalb öffentlich deutlich sagen: das geht nicht. Caritas ist für alle da, aber nicht für alles."

Peter Frings, Justitiar beim Caritasverband Münster, kann den Sittenverfall bei der Zahlungsmoral nur bestätigen: "Wenn sie juristisch korrekt handeln, können sie den Betroffenen die Leistung verweigern und sie ihrem Schicksal überlassen. Handeln sie christlich, bleiben sie auf ihren Kosten sitzen", bringt Frings das Dilemma auf den Punkt. Er rät sozialen kirchlichen Einrichtungen, Ansprüche notfalls mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen. Es sei aber auch notwendig, so Frings, dass die Kirchen ihren Einrichtungen klarmachten, wie sie sich verhalten sollen: Marktgerecht, das hiesse etwa Kündigung, wenn der Kunde nicht zahlt. Oder christlich motiviert, was bedeuten würde, dass solche Kunden aufgefangen werden. Dann müsse die Kirche die Einrichtung aber auch unterstützen, falls sie in finanzielle Schwierigkeiten gerät.

Quelle: Ärzte Zeitung

Datum: 25.10.2002

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