Was ist eigentlich Gesundheit?
Nachfolgend einige Definitionen, was die menschliche Gesundheit bedeutet:
Nach der Weltgesundheitsdefinition (WHO) 1946
«Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.» Das wäre also eine subjektive Dimension.
Nach dem Medizinsoziologen T. Parson
«Gesundheit ist ein Zustand optimaler Leistungsfähigkeit eines Individuums, für die wirksame Erfüllung der Rollen und Aufgaben, für die es sozialisiert worden ist.» (Sozialisation = Einordnungsprozess in die Gesellschaft, Normen- und Werteübernahme)
Nach dem Meikirch-Modell, Johannes Bircher, Karl-H. Wehkamp
«Gesundheit ist ein dynamischer Zustand von Wohlbefinden, bestehend aus einem biopsychosozialen Potential, welches genügt, um die alters- und kulturspezifischen Ansprüche des Lebens in Eigenverantwortung zu befriedigen. Genügt das Potential nicht, um diese Ansprüche zu befriedigen, so besteht Krankheit.»
Die Fachwelt spricht von einem dynamischen oder Balancezustand. Ein Zustand objektiven und subjektiven Befindens einer Person, der dann gegeben ist, wenn die Person sich in Einklang mit körperlichen, seelischen, sozialen Bereichen ihrer Entwicklung, den eigenen Möglichkeiten, Zielen und den äusseren Lebensbedingungen befindet. Dieser Balancezustand muss zu jedem lebensgeschichtlichen Zeitpunkt erneut wiederhergestellt werden und ist von persönlichen und Umweltfaktoren abhängig.
Die Herkunft der Gesundheit
In diesem Zusammenhang muss auch die Salutogenese genannt werden: Die Salutogenese bedeutet so viel wie «Gesundheitsentstehung» oder «Ursprung von Gesundheit» und wurde vom israelisch-amerikanischen Medizinsoziologen Aaron Antonovsky (1923–1994) in den 1970er Jahren als Gegenbegriff zur Pathogenese entwickelt. Nach dem Salutogenese-Modell ist Gesundheit kein Zustand, sondern muss als Prozess verstanden werden.
Aron Antonovsky wertete 1970 eine Erhebung über die Adaptation von Frauen verschiedener ethnischer Gruppen an die Menopause aus. Eine Gruppe von ihnen war 1939 zwischen 16 und 25 Jahren alt gewesen und hatte sich zu dieser Zeit in einem national-sozialistischen Konzentrationslager befunden. Dass in der Gruppe der KZ-Überlebenden 29 Prozent der Frauen trotz der unvorstellbaren Qualen eines Lagerlebens mit anschliessendem Flüchtlingsdasein als körperlich und psychisch gesund beurteilt wurden, war für ihn ein unerwartetes Ergebnis.
Diese Beobachtung führte ihn zu der Frage, welche Eigenschaften und Ressourcen diesen Menschen geholfen hatten, unter den Bedingungen der KZ-Haft sowie in den Jahren danach ihre (körperliche und psychische) Gesundheit zu erhalten. So schuf Antonovsky (im Gegensatz zum Pathogenesekonzept der traditionellen Medizin) das Konzept der „Salutogenese» – der Entstehung von Gesundheit.
Die Hauptthese von Antonovsky ist, dass das Kohärenzgefühl als Kern der Frage «Wie entsteht Gesundheit?» gesehen werden muss. «Das Kohärenzgefühl ist eine globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmass man ein durchdringendes, dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, und ob und wie einem die Ressourcen zur Verfügung stehen, um den Anforderungen (den äusseren und inneren Umständen) des Lebens zu begegnen» (Quelle: Aaron Antonovsky: Salutogenese, zur Entmystifizierung der Gesundheit, 1997).
Link:
wort+wärch zum Thema «Sein Reich komme, wie zu mir, so … zum Kranken»
Datum: 03.05.2013
Autor: Christine Widmer
Quelle: wort+wärch, November 2012