Seinen richtigen Namen möchte „Ahmed“ lieber im Hintergrund lassen. Aber allzu gefährlich ist seine Lage nicht. Ahmed liebt Algerien. Er kann dort seinen Glauben frei leben; für ein islamisches Land ist das nicht selbstverständlich. Wir besuchten Ahmed in seiner Wohnung in der Millionenstadt Oran im Nordwesten des Landes. Dabei beantwortete er auch unseren Fragebogen. Ahmed, wie bist du Christ geworden? 1991 ging ich in die Berge, um zu campieren. Da waren auch Christen, was ich freilich nicht wusste. Sie luden mich zum Abendessen und zum Tee ein. Tee ist in den Bergen sehr wichtig, da es dort kalt ist. Dann begannen sie mit dem Singen von Anbetungsliedern. Manche Worte dieser Worship-Songs berührten mein Herz. Sie beantworteten meine Fragen. Es war das erste Mal, dass ich das Wort Gottes hörte. Am Morgen verliess ich dann die Berge, denn etwas Schweres lag auf meinem Herzen. Ich ging nach Hause und dachte intensiv nach. Ich hatte viele Fragen. Aber ich konnte sie nicht stellen, denn die Christen waren ja in den Bergen am Campieren. Mit dem Bus fuhr ich von Tizi Ouzou nach Algiers. Ich spürte, dass der Herr an meinem Herzen arbeitete. Ich dachte an die schlechten Dinge, die ich getan hatte. Ich hatte keine gute Beziehung zu meinen Eltern, und das war sehr hart. Das spürte ich nun ganz stark in meinem Herzen. Dafür bat ich Gott um Vergebung. Gleich darauf kam eine tiefe Freude in mein Herz. Ich lachte und weinte gleichzeitig, mitten im Bus. Die Leute schauten mich schräg an, aber es kümmerte mich nicht. Früher hätte ich mich in der gleichen Situation in den Boden geschämt. Es war mein erstes Erlebnis mit Gott. Warum bist du Christ? Beschreibe ein spezielles Erlebnis, das du mit Gott gemacht hast. Dann hörte ich erstmals die Stimme Gottes in meinem Herzen. Sie sagte: „Geh!“ Ich wusste, dass ich nun in den Bus einsteigen sollte. Ich konnte aber nicht. So viele Leute warteten vor mir, und daneben der Soldat. Aber die Stimme wurde stärker und stärker. Dann ging ich einfach in den Bus. Nichts passierte. Weder der Soldat noch die Leute reagierten. Ihre Augen waren verschlossen. In meinem Herzen erklärte ich mir, dass dies die Hand Gottes war. Das gab mir Kraft. Als ich daheim war, begann ich zu predigen, und einer nach dem anderen in meinem Haus kam zu Gott. Einige Monate, nachdem ich zu Jesus gefunden hatte, tat Gott ein Wunder an meiner Mutter. Es stand sehr schlimm um sie. Seit drei Tagen hatte sie nichts mehr zu sich genommen. Ich selber setzte mich aber an den Tisch, um zu essen. Da hörte ich die Stimme Gottes: „Du bist Christ und sitzt hier am Tisch, während deine Mutter seit drei Tagen nichts gegessen hat?“ Da sagte ich: „Ja, das ist so. Was kann ich denn tun? Sie war schon beim Doktor, aber es hat ja nichts gebracht.“ Gott sagte: „Gehe zu ihr, bete für sie und gib ihr Joghurt.“ Ich sagte: „Also, ich tue es. Ich weiss nicht, was passieren wird, aber ich tue es.“ Sie war Moslemin, akzeptierte das Gebet aber, weil sie stark litt. Dann gab ich ihr Joguhrt. Es war ihr erstes Essen seit drei Tagen. Sie wurde wieder gesund, und in der gleichen Nacht kam sie zu Jesus. Und sie wurde sehr glücklich. Eine Schwäche, die du durch den Glauben besser in den Griff bekommen hast ... Auch mein Weinkonsum änderte sich. In der Kabylei – also im Berber-Gebiet – trinken wir viel Wein. Und zwar darum, weil der Weinkonsum im Islam verboten ist.* Wir tun das, um uns von den Arabern abzugrenzen, und auch weil mein Herz leer war. Und mit dem angetrunkenen Mut konnte ich alles sagen. Als ich dann Christ wurde, brauchte ich das nicht mehr. Es ist falsch, und ich mag es nicht mehr. Was begeistert dich am meisten an Gott? Ein Tipp, wie man Gebet und Bibellesen interessant gestalten kann ... Als ich gläubig wurde, hörte ich, dass man ein bis zwei Stunden täglich beten solle. Jetzt, nach Jahren, verstehe ich das. Mit der Zeit begann ich die Zeit mit dem Herrn zu lieben. Manchmal singe ich ihm auch Lieder. Wichtig dabei ist, dass sie von Herzen kommen. Auch wenn sie vielleicht nicht so schön gesungen sind. Es ist eine Freude, mit ihm Zeit zu bringen. Es ist ein Wollen und nicht ein Müssen. Welche Eigenschaften von Gott verstehst du nicht? Wenn mein Vater zum Beispiel den Herrn nicht annimmt. Er ist ein guter Mann und hatte gute Beziehungen zu anderen Menschen und er ist nicht besser oder schlechter als andere... Aber er ist der Herr. Er hat Himmel und Erde erschaffen. Ich verstehe nicht alles. Die Sonne ist da. Ich verstehe es nicht. Aber sie ist da, und sie ist heiss und gibt Licht. Klagst du Gott manchmal an? Wie? Eine solche Person lehnt sich womöglich gegen Gott auf und ist rebellisch. Und trotzdem gibt ihm der Herr vieles. Andere sind sehr arm und sehr liebenswürdig, aber sie haben nichts. Da frage ich mich, warum. Oder warum haben die Schlechten in unserem Land das Sagen – ohne dass die Polizei einschreitet? Eine Zeitlang betete ich zum Beispiel auch für meine Mutter. Sie litt, und ich ärgerte mich über Gott. Ich sagte: „Du kannst etwas tun, aber du tust nichts! Sie muss jetzt gesund werden!“ Welche Situationen, Gedanken oder Ereignisse bringen dich zum Zweifeln? Welche Frage möchtest du Gott unbedingt stellen? Warum denkst du, dass sich ein Leben als Christ auf Dauer lohnt? Ich weiss nicht, was morgen passiert. Vielleicht habe ich einen Unfall und bin tot. In dieser Ungewissheit brauche ich eine Antwort. Die Bibel gibt sie mir. Es ist wichtig, dass die Leute Jesus kennenlernen und Christen werden. Zivilstand: Verheiratet. Wohnort: Oran (Algerien); aufgewachsen bin ich in Tizi Ouzou, der Berber-Hauptstadt im Norden des Landes. * Die Berber sind die Urbevölkerung Nordafrikas. Sie stellten vor dem Einmarsch der moslemischen Araber im 7. Jahrhundert einen grossen Teil der damaligen Christenheit. Sie wurden von den Arabern in die Bergregionen zurückgedrängt. Der Islam ist bei den Berbern aber nur lose verwurzelt. Daher stammen die meisten Christen in Algerien und Marokko aus dieser alten Volksschicht. Weiterführende Links:
Ich hasste alles, was mit Religion und Gott zu tun hatte, denn ich hatte mit dem Islam so schlechte Erfahrungen gemacht. Meine Eltern haben sich ständig gestritten, untereinander und mit den Nachbarn. Auch der Imam und sein Sohn bestätigten mich in dieser Haltung. Der Sohn hatte uns versprochen, er würde uns zeigen, wie man richtig betet. Er sagte immer: „Ich erklär euch das morgen.“ Aber er hat es nie gemacht.
Eine sehr wichtige Frage! Ich spüre seine Kraft in meinem Herzen. Vorher merkte ich nur, dass in meinem Leben etwas nicht stimmt. Zum Beispiel trank ich Wein und machte vieles, das nicht in Ordnung war. Dann fand ich den Herrn, und er hat meine Leere ausgefüllt. Als ich ihn entdeckte, kam die Freude in mein Herz.
Das war in Algiers. Ich war noch ganz neu im Glauben und hatte ein Transportproblem. Sehr viele Leute wollten in den einen Bus, der zur Verfügung stand. Es gab beim Einsteigen ein grosses Gerangel. Ein Soldat schaute, dass die Lage nicht vollends eskalierte. Selber hatte ich keine Chance, in den Bus zu gelangen. Zu viele Leute standen vor mir in der Schlange, die dieser Soldat hatte bilden lassen. Ausserdem hatte ich kein Geld und musste von Algier nach Tizi Ouzou zurück, 150 Kilometer weit. Ein Hotel hätte mir nicht leisten können, und ich kannte auch niemanden, bei dem ich hätte übernachten können.
Das erste für mich war, dass ich die Regierung unseres Landes akzeptierte. Ausserdem ging ich nun mit dem Lehrer anständig um. Früher hasste ich nicht nur meine Eltern, sondern auch die Regierung. Als ich Christ wurde, bekannte ich diese schlechten Gedanken Gott gleich als Erstes.
Ich entdecke immer wieder eine neue Seite an ihm. Ich verbringe Zeit mit ihm und entdecke dann wieder viel Neues. Und so geht es weiter und weiter. Für mich ist es ein Leben und Entdecken.
Ich lese am Morgen in der Bibel, und zwar zwischen 1. Mose und Johannes-Offenbarung. Ich lese jeweils zwei Kapitel im Alten und eines im Neuen Testament. Manchmal ist man von der Arbeit stark abgelenkt und glaubt, man habe keine Zeit fürs Bibellesen. Diese Zeit mit Gott aber ist sehr wichtig. Mich erfüllt jeweils eine grosse Freude, wenn ich in den Worten der Bibel nachgehe. Christen, die die Bibel nicht lesen, können nicht wachsen und stärker werden.
Vieles. Durch die Bibel und durch Predigten verstehe zwar inzwischen mehr als am Anfang, aber noch lange nicht alles. Ich weiss, dass Jesus der Herr ist. Als ich zu ihm kam, gab er mir Freude und Frieden. Aber ich verstehe nicht, warum er Menschen in die Hölle werfen kann. Das ist für mich eine grosse Frage. Sein Denken ist viel höher als unseres. Aber die Frage ist da.
Ja, manchmal bin ich böse. Vor allem wenn ich Menschen sehe, die viel Schlechtes tun, ohne dass der Herr einschreitet. Manche hier sind sehr reich; anderer in der gleichen Familie oft sehr arm. Die Reichen tun nichts für die Armen. Ich fühle, dass das nicht recht ist.
Ich weiss, dass Gott gut ist und dass er Herr ist. Aber wenn Dinge wie im Irak geschehen oder wenn etwas mit der Familie oder im eigenen Land passiert, dann frage ich mich, wo der Herr ist. Wenn man in den Nachrichten sieht, wie in Somalia oder Äthiopien die Menschen mit ihren Babys leiden, dann frage ich mich, wo der Herr ist.
Ich möchte wissen, ob ich mit 70 Jahren besser bin als heute. Und ob ich 100, 200 oder 500 Christen geholfen habe. Und ich möchte wissen, wie mich der Herr in diesen 40 Jahren brauchen wird.
Alle Menschen brauchen Leitplanken zum Leben. Etwas, das sie auf einem guten Weg führt. Im Christentum, in der Bibel, finde ich das. Ich bin nun glücklich und habe eine Hoffnung. Das ist das, was man braucht. Die Bibel gibt sie mir. Der Herr ist das Ziel. Ob ich arm oder krank bin, das ist nicht wichtig. Denn die Bibel sagt mir, dass die Erde und alles vergeht. Und es wird eine neue Erde geben. Das macht mir Freude.Steckbrief
Gemeinde: House of hope.
Arbeit in Gemeinde: Ich bin Leiter der christlichen Schule und arbeite mit neun anderen im algerischen Kirchenkonzil. Dort bin ich für die Finanzen zuständig.
Hobbys: Ich mag Gitarrenmusik, die Berge, ich mache gerne Sport, jogge ausserhalb der Stadt, liebe den Schnee und den Frühling.
Beruf: Diese Arbeit in der Gemeinde.
Werdegang: Nach der Schule studierte ich Petrochemie. Der Feind wollte mich überreden, damit viel Geld zu machen. Danach kam ich aber hierher.
Herkunft: Algerien.
Lieblingsbibelstelle: Philipper 4, Verse 6 und 7: «Macht euch keine Sorgen, sondern wendet euch in jeder Lage an Gott und bringt eure Bitten vor ihn. Tut es mit Dank für das Gute, das er euch schon erwiesen hat. Dann wird der Friede Gottes, der alles menschliche Begreifen weit übersteigt, euer Denken und euer Wollen im Frieden bewahren, weil ihr mit Jesus Christus verbunden seid.»
Lieblingsmusiker: Neben einer französischen Worship-Gruppe mag ich Graham Kendrick.
Hilfsaktion Märtyrerkirche
Jesus in Algerien
Datum: 06.10.2005
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch