Lobpreis- und Gebetsbewegung

Beten – und transformieren

Die Schweiz wurde in den letzten Jahren immer deutlicher von einer Lobpreis- und Gebetsbewegung erfasst. Das gilt zumindest für die evangelikale Szene. Im zu Ende gehenden Jahr scheint dies erste Früchte zu tragen. Und das gehört für mich zu den Überraschungen des Jahres.
Anbetung
Hanspeter Schmutz

Mitte Dezember wurde der höchste Schweizer – Nationalratspräsident Max Binder (SVP) – im Berner Münster von evangelikalen Christen für sein neues Amt gesegnet. Binder hatte zuvor die Wintersession unter dem Schweizer Kreuz und mit dem gemeinsamen Singen des Schweizer Psalms – unserer Nationalhymne – eröffnet. Das sind starke Symbole in einer zunehmend neuheidnischen Schweiz, obwohl sie vielleicht nicht immer ganz selbstlos eingesetzt worden sind.

Laut Bundeshaus-Beter Beat Christen hatte Binder schon den nationalen Gebetstag am 1. August in Fribourg besucht. Daselbst trafen sich dieses Jahr 7000 Schweizerinnen und Schweizer aller Altersschichten zu Lobpreis und Gebet. Mit-Initiant Ueli Haldemann verwies an der Tagung auf Uganda. Dieses westafrikanische Land habe, noch vor einigen Jahren völlig heruntergewirtschaftet, durch das Engagement insbesondere der Christen im Land eine "eigentliche Revolution" erlebt, die in hohem Wirtschaftswachstum und starkem Rückgang von Aids zum Ausdruck gekommen sei. Können wir also weiter beten und hoffen, dass die Schweiz anders und vor allem christlicher wird?

"Shake the City" ist leicht gesungen, Gebetsmärsche sind rasch organisiert. Spätestens nach dem siebten Marsch um das Dorf müsste man sich aber fragen, ob es nicht ein bisschen mehr als "nur" Gebet braucht, um die Gesellschaft zu verändern. Wir vergessen hierzulande, dass Transformation – die allmähliche Veränderung einer Gesellschaft zum Guten im christlichen Sinne – mit politischer Knochenarbeit verbunden ist.

Meine Enttäuschung des Jahres ist, dass viele Christen nicht über das gottesdienstliche Proklamieren hinaus gekommen sind. 9 von 10 Christen haben, wenn ich sie auf ihren persönlichen Beitrag zur Veränderung ihres Dorfes oder ihrer Stadt anspreche, hundert – meist fromme – Ausreden. Mich dünkt, es ist an der Zeit, dass wir die Stadt nicht nur betend schütteln, sondern uns selber von Gott in Bewegung bringen lassen. Damit das Gebet nicht zur Ersatzhandlung – zum Ersatz für das Handeln wird.

Der Publizist Hanspeter Schmutz leitet das Institut der Vereinigten Bibelgruppen in Schule, Universität und Beruf VBG.


Webseite: www.bibelgruppen.ch

Datum: 27.12.2003
Autor: Hanspeter Schmutz
Quelle: Livenet.ch

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