Wollen die Neuapostolen nicht mehr alleinseligmachend sein?

Die Neuapostolen bewegen sich auf ungeahnte Weise: Eine Präzisierung der Lehre der christlichen Religionsgemeinschaft, die sie näher an die Kirchen heranführt, wurde letzte Woche per Satellit aus der Schweiz in knapp 700 Gemeinden in Europa, Amerika, Afrika und Australien übertragen.
Neuapostolische Kirche

Die Neuapostolische Kirche (NAK) – sie zählte 2003 weltweit rund 10,6 Millionen Anhänger, der Schweiz knapp 35'000 in 229 Gemeinden und 21 Bezirken – hat am 24. Januar 2006 Korrekturen in wichtigen Lehrfragen vorgenommen. So werden künftig richtig vollzogene Taufen anderer Kirchen als gültig anerkannt. Bisher wurde die Taufe anderer christlicher Gemeinschaften seitens der Neuapostolischen Kirche lediglich als ein nur „für diese gültiges“ Sakrament betrachtet.

„Gott selbst tauft“

Jetzt erkennt die NAK an, dass Gott selbst in der Taufe handelt – ihre Gültigkeit hängt also nicht von der handelnden Person ab und die Taufe bedarf auch keiner „Bestätigung“ durch einen NAK-Apostel, wenn jemand, der z. B. in der römisch-katholischen Kirche getauft wurde, später neuapostolisch wird. Voraussetzung für die Anerkennung der Taufe sei die formgerechte Spendung im Namen des dreieinigen Gottes und mit Wasser. Folglich wird die NAK auch in Zukunft Taufen der Zeugen Jehovas oder der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ („Mormonen“) nicht anerkennen – was sachgemäss ist.

„Braut Christi“ – aber kein Absolutsheitanspruch

Ferner hat die NAK ihr Verständnis von Heil und Exklusivität präzisiert. So legt man Wert auf die Feststellung, dass die NAK zwar eine exklusive Gemeinschaft sein möchte, indem sich die in der NAK versiegelten Christen als „Braut Christi“ verstehen, man verzichtet aber auf einen Absolutheitsanspruch. Gott bietet im Endgericht allen Menschen Heil und Erlösung an, auch wenn sie nicht Mitglied in der NAK gewesen sind. Die NAK bleibt jedoch dabei, dass in der irdischen Welt das Apostelamt heilsnotwendig ist.

Die jüngsten Lehrkorrekturen sind zu begrüssen, weil die Neuapostolische Kirche damit von Sonderpositionen abrückt. Dennoch besteht für eine „ökumenische Euphorie“ kein Anlass. Es war ein Anachronismus, dass die NAK die Taufe der ökumenischen Kirchen bislang nur für eingeschränkt gültig erklärte, zumal diese die Taufe der NAK schon seit längerer Zeit anerkennen. Auch war es anmassend, anderen Christen den Zugang zum Heil abzusprechen. So gesehen bedeuten die jüngsten Korrekturen einen Schritt zur Normalität, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Datum: 02.02.2006
Autor: Andreas Fincke / Fritz Imhof
Quelle: Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Berlin,

Werbung
Livenet Service
Werbung