Menschenrechte in Nicaragua noch stärker bedroht
Carlos Zepeda, Rechtsberater der Bischofskonferenz von Nicaragua, starb am 29. August nach mehreren Tagen erzwungener Haft durch die «Sandinistische Nationale Befreiungsfront», die Partei von Präsident Daniel Ortega. Die sandinistischen Behörden gaben seiner Familie weder eine Begründung für die Festnahme noch eine Erklärung für die Todesursache. Mehrere Quellen berichten, dass sein Körper Anzeichen schwerer Misshandlungen aufwies.
Dieser Todesfall ist kein Einzelfall. Auch der politische Aktivist Mauricio Alonso Petri starb im August in Haft. Wenige Tage zuvor war er gemeinsam mit seiner Frau und seinem Sohn von der Polizei festgenommen worden.
«Systematisches Muster»
Der regierungskritische Anwalt Yader Morazán prangerte in den sozialen Medien ein «systematisches Muster» an: «Es handelt sich um ein gängiges, systematisches Vorgehen bei politischen Gefangenen: eingeschränkte Beerdigungen, Verbote von Autopsien und gerichtlichen Ermittlungen.»
Die Tochter des politischen Gefangenen und ehemaligen Hauptmanns Aníbal Rivas Reed bezeichnete auf einer Pressekonferenz am 30. August den Tod ihres Vaters als «politischen Mord»: «Wir lehnen es entschieden ab, diese Praxis zu normalisieren. Jeder Todesfall in staatlichem Gewahrsam ist ein politischer Mord.»
In Nicaragua werden katholische Kirchen regelmässig von der Polizei schikaniert und überwacht. Christliche Institutionen, die seit den Protesten gegen die Renten- und Sozialreform 2018 mit der Ortega-Regierung im Konflikt stehen, verloren ihren Rechtsstatus und ihre Bankkonten.
Auf Rang 30 vom Weltverfolgungsindex
Laut dem Bericht der Menschenrechtsorganisation «CSW Everyone Free to Believe» gab es 2024 insgesamt 222 Fälle religiöser Verfolgung sowie die willkürliche Inhaftierung von 46 Führungspersonen verschiedener Religionsgemeinschaften, darunter Bischöfe und Pastoren. Einige wurden inzwischen freigelassen, andere befinden sich weiterhin in Haft.
Die Europäische Union hat sich seit Beginn der Krise mehrfach geäussert, die Gewalt verurteilt und die Freilassung politischer Gefangener gefordert. Im Weltverfolgungsindex 2025 der Organisation Open Doors belegt Nicaragua Platz 30. Laut der NGO wird die Kirche im Land «als öffentlicher Feind betrachtet», mehrere Pastoren seien «verhaftet oder ins Exil gezwungen» worden.
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Datum: 14.09.2025
Autor:
Elormise Pierre / Daniel Gerber
Quelle:
Info Chrétienne / Übersetzung: Livenet