Das Alpenkino

Filmplausch auch im Bikini

«Aussichten auf Entspannung»: Unter diesem Motto organisierten Heinz und Orlinda Egli auf ihrem Bauernhof in Wernetshausen ZH bereits zum zehnten Mal eine Filmwoche.
Henz und Orlinda Egli

Am letzten Abend mussten 400 Leute wieder heimkehren, weil bereits 900 Gäste das einmalige Ambiente genossen. Die Erfolgsgeschichte geht weiter.

«Wow!» Ein riesiger Blitz hatte den Abendhimmel über dem Zürichsee erhellt und den Gästen des Alpenkinos Schauer über den Rücken gejagt. Unter freiem Himmel oder nur geschützt durch ein Zeltdach löste der Gewittersturm zwiespältige Gefühle aus. Als der Regen kam, dauerte es nur 15 Minuten bis alle wieder auf ihren Strohballen Platz nehmen und sich den neuen Schweizer Film «Liebling, lass uns scheiden» anschauen konnten.

Der Hinweis auf die erstklassige Blitzschutzanlage hatte viel zur Beruhigung der Gemüter beigetragen. Und dass wegen der Verzögerung auf die Pause und damit auf eine gute Einnahmequelle verzichtet wurde, nahmen die Gäste positiv überrascht zur Kenntnis. «Es sind solche Kleinigkeiten, die uns von anderen Veranstaltern unterscheiden», vermutet Initiant Heinz Egli. Aber das Wohl der Gäste sei ihnen wichtiger als klingende Kassen. Zudem hatten sie schon erlebt, dass trotz Gebet letztes Jahr das Wetter selten trocken gewesen war. Trotzdem waren die Leute gekommen, und sie hatten keine Verluste gemacht. Das sei ein Geschenk Gottes, meint Egli.

Freundesplausch, dann Event

«Ursprünglich wollten wir im Sommer 2002 mit unseren Nachbarn und Freunden einen Film im Freien geniessen. Weil spontan 200 Personen kamen, führten wir den Anlass im nächsten Jahr wieder durch, dann aber an sechs Abenden», erklärt Heinz Egli aus Unterbach im Zürcher Oberland. Damals hatten sie die Leinwand am Traktorhubstapler aufgespannt, heute ist ein professionelles Team an der Arbeit, wenn das Gerüst für die acht mal acht Meter grosse Leinwand erstellt wird. Die Kulisse dahinter ist grandios: Man sieht von Rapperswil bis Zürich, von den Churfirsten zum Tödi, über die Rigi bis zum Pilatus. Aus der Idee eines Nachbarschaftsplausches von Landwirt Heinz Egli ist ein Alpenkino entstanden, das 850 Personen Platz bietet und bereits sein zehnjähriges Jubiläum feiert.

Familientaugliche Filme

2003 nahmen 1400 Personen teil, 2004 bereits 2300 und dieses Jahr 6500. Allein am Schlussabend kamen 1000 Leute, doch wenn eine gewisse Anzahl Autos parkiert haben, werden weitere Ankömmlinge wieder nach Hause geschickt. Seit zwei Jahren steht ein Hobby-Kochclub im Einsatz.

«Die Filme sollen familientauglich sein, humoristisch und mit guter Aussage», erklärt Heinz Egli. Der Bergbauer gehört zusammen mit dem Möbelschreiner Urs Brunner zu den Organisatoren. Sie werden von ihren Familien und Freiwilligen unterstützt. Ein junger Bursche begründet seine Mithilfe: «Ich darf gratis essen und alle Filme schauen!»

Lösli sponsern Slum-Trainer

«Vom Bauernbetrieb allein könnten wir nicht leben», erklärt Orlinda Egli. Die Mutter von vier erwachsenen Kindern arbeitete Teilzeit als Nachtwache, heute erteilt sie Musikunterricht. Als guter Organisator habe ihr Mann früher neben der Landwirtschaft Fertighäuser verkauft, später seinen Bergbauernhof auf 900 Metern Höhe von Milchwirtschaft auf Mutterkuhhaltung umgestellt. Mit Urs Brunner zusammen betreibt er die Alpensauna und zwei Alpenbäder, auch während des Alpenkinos. Bis acht Personen können den Film im Badeanzug geniessen; sie sitzen im Holzbottich voll warmem Wasser.

 Neben dem Bauernhaus servieren Heinz Egli und Urs Brunner abends Fondue, das mit Blick in die herrliche Umgebung genossen werden kann. Alpenbäder und Sauna hat Urs Brunner gebaut. Er stellt auch «Hüslerbetten» her, von denen eines während der Zeit des Alpenkinos jeweils inmitten der Strohballen steht.

Durch den Verkauf von Losen wird ermittelt, wer den Film liegend geniessen darf, mit einem Apfelsaft-Cüpli in der Hand. «Der Erlös der Lösli kommt einem missionarischen Projekt zugute», erklärt Egli. «Wir runden die Einnahmen so auf, dass davon einem Unihockey-Trainer für Strassenkinder in Dschibuti ein Jahr lang sein Gehalt bezahlt werden kann.»

Plattform nutzen

Das originelle Openair-Kino hat viel Aufmerksamkeit erregt, so dass sich etliche Firmen als Sponsoren daran beteiligen. Als das christliche Medienunternehmen LifeChannel Werbeflächen suchte, boten auch Egli und Brunner ihren Anlass an. «Wir fragten Gott, wie wir diese Plattform nutzen könnten.» Vor dem Mischpult hängt nun ein grosses Plakat und vor den Filmen flimmert auch LifeChannel-Werbung über die Leinwand.

Die ERF-Programmzeitschrift Antenne liegt zum Mitnehmen auf. «Das Alpenkino ist kein speziell christlicher Anlass», präzisiert Heinz Egli. Aber er sei Gott sehr dankbar für die Möglichkeit, etwas zu machen, das ihm und vielen Leuten Spass bereite.

Einen grossen Teil des eingenommenen Geldes investiere er wieder in den Anlass.Trotzdem bleibt ein kleiner Verdienst für die beiden Familien. «Viele Leute kommen wegen dem Gesamterlebnis, nicht nur wegen dem Film», erklärt Egli. Das persönliche Engagement von Egli, Brunner und Helfern wird offensichtlich geschätzt.

Datum: 25.09.2011
Autor: Miriam Fisch-Köhler
Quelle: idea Spektrum

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