Kürzlich gewährte er dem Menschenrechtler Rüdiger Nehberg, der seit neun Jahren gegen den mehr als 5000 Jahre alten Brauch der Weiblichen Genitalverstümmelung kämpft, in seiner Residenz in Doha eine Audienz. Das Resultat ist ein verbindliches Rechtsgutachten ("Fatwa"). Die wichtigste Aussage darin: "Weibliche Genitalbeschneidung ist eine Änderung der Schöpfung Gottes und damit ein von Gott verbotenes Werk des Teufels." "So eindeutig hat Qaradawi bisher noch nie Stellung gegen diese grausame Praxis bezogen," freut sich Nehberg. "Auf ihn hören die Völker Afrikas. Er ist der gewichtigste Prediger in der islamischen Welt." Sheikh Qaradawi, der auch Vorsitzender der "International Union for Muslim Scholars" ist, hat ganz klar festgehalten, dass in den Schriften des Islams keinerlei Beweise für die Verpflichtung, geschweige denn eine Empfehlung für Weibliche Genitalverstümmelung bestünden. Diese Fatwa ist von unermesslichem Wert für die betroffenen Frauen. Denn noch immer werden nach einer UNO-Schätzung täglich 8000 Mädchen verstümmelt. Qaradawis Wort ist für viele Muslime unerschütterliches Gesetz." In der Fatwa heisst es weiter: "Da die sachliche Untersuchung durch neutrale Experten und Spezialisten, die nicht ihren eigenen Interessen, noch Begehrlichkeiten anderer folgen, bewiesen hat, dass die Weibliche Genitalverstümmelung in ihren vorhandenen Formen dem weiblichen Geschlecht körperliche und seelische Schäden zufügt und das eheliche Leben der Frauen stark beeinträchtigt, muss dieser Brauch gestoppt werden, um diesen Schaden zu vermeiden." Viele Gelehrte haben bisher anders geurteilt. Qaradawi erklärt es damit, dass sie bislang nicht die Informationen hatten, die heute zur Verfügung stehen. Ein Rechtsgutachten zu ändern, sei aber jederzeit möglich und nötig, wenn sich der Erkenntnisstand ändert.
Datum: 09.03.2009
Quelle: ots
Hamburg/Katar Was Sheikh Yusuf al-Qaradawi, der Rechtsgelehrte aus Katar, sagt, hat in der gesamten islamischen Welt grösstes Gewicht. Er gilt als "Sprachrohr Afrikas", als "wandelndes Lexikon des Islams". Weltweit bekannt ist der 82-Jährige nicht zuletzt durch seine wöchentlichen Predigten im arabischen Sender Al-Jazeera.