Ein Plädoyer für Kunst und Kreativität in der christlichen Welt
Dass Kunst so wenig Raum in der kirchlichen Landschaft findet, ist ein grosser Fehler. Das findet jedenfalls der US-Pastor und Autor Karl Vaters.
Mehr als Business
Vaters beobachtet, dass Christen sich in den letzten Jahren stark an Wirtschaft und Marketing orientiert haben. Viele dieser Bestrebungen sind absolut sinnvoll – Willow Creek brachte so den Gedanken der Exzellenz in die Gemeinden, Formate wie der «Kongress christlicher Führungskräfte» bieten eine Plattform, auf der Kirche und Kommerz voneinander lernen können. Trotzdem resümiert Vaters, dass wir uns in weiten Teilen der christlichen Welt fast zu Tode managen. «Wir brauchen Künstler. Sie bringen lebenswichtige Elemente ein, die der Kirche schon lange fehlen: Leidenschaft. Schönheit. Freude. Zorn. Und etwas heilige Ehrfurcht.»
Mehr als bewahren
In Zeiten von schrumpfenden Gemeinden scheint es sinnvoll, Ressourcen zu optimieren und Bestehendes zu bewahren und verwalten. Jedenfalls für Verwalter. Künstler suchen in solchen Situationen nach neuen Ansätzen gemeinsam mit Propheten, Unternehmern und Innovatoren. Sie lassen die Vergangenheit zwar nicht links liegen, aber sie drängen in die Zukunft. Sie verzetteln sich nicht in die Diskussion, welcher Musik- und Lobpreisstil der geistlichste ist, sie gehen einfach neue Wege. All dies geschieht mit der Einschränkung von Prediger, Kapitel 1, Vers 9: «Was einst gewesen ist, das wird wieder sein, und was einst geschehen ist, das wird wieder geschehen. Und es gibt nichts Neues unter der Sonne.» Selbst wer nichts absolut Neues schafft, kann allerdings die Gegenwart kreativ angehen.
Mehr als wir wollen
Wer mit einem Business-Ansatz an Gemeindearbeit herangeht, der untersucht, was die eigenen Mitglieder (oder Gäste) wollen und versucht, dieses Angebot zu verbessern. Künstler gehen andere Wege. Sie geben uns nicht, was wir brauchen. Sie zeigen uns Dinge, von denen wir noch nicht einmal wussten, dass sie uns fehlen … Vaters wünscht sich: «Wir brauchen mehr Künstler im Miteinander. Mehr Risikobereite. Mehr Visionäre. Mehr Träumer. Weniger Leute, die abwiegeln, mehr Menschen, die uns herausfordern.»
Mehr Konkretes
Wie kann solch ein kreativer Ansatz nun konkret werden? Was Kirche und Gemeinde brauchen,
- sind leidenschaftliche Visionäre, die Gott in den Ohren liegen, bis sie verstehen, was er ihnen sagt.
- sind Musiker, die keine 08/15-Songs schreiben, sondern deren Musik aus ihrer tiefen Verbindung zu Gott erwächst und die deshalb Herzen berührt.
- sind Autoren, die Buchstabe für Buchstabe etwas schreiben, das von Gott eingehaucht ist und damit viel grösser ist als sie selbst.
- sind Malerinnen, Grafiker, Architektinnen, Tänzer, Bildhauer, Filmemacher und Dichterinnen, die uns durch einen schöpferischen Funken helfen, Gott anders zu sehen als bisher.
- sind Lehrerinnen, Hausfrauen, Klempner und Bauern, die auch ihre Arbeit als Kunst begreifen und für den Herrn tun. «Was immer ihr tut…, das tut alles im Namen des Herrn Jesus (Kolosser, Kapitel 3, Vers 17).
- sind Pastoren und Gemeindemitarbeiter, die offen sind für Künstler und eine Kirche, die sich anders entwickelt, als normal und üblich.
Mehr Fehler und mehr Kunst
Ein Problem von Kirchen und Gemeinden ist die starke Orientierung an Richtig und Falsch. Wer nun im Gemeindealltag Dinge ausprobiert, der wird Fehler machen. Und diese Fehler sind nicht an sich schlecht. Thomas Alva Edison wird nach 1'000 Fehlversuchen, eine funktionierende Glühbirne herzustellen, die Aussage zugesprochen: «Ich bin nicht gescheitert. Ich kenne jetzt 1'000 Wege, wie man keine Glühbirne baut.» Eine solche Fehlerkultur bringt Gemeindearbeit voran. Auch heute. Und gleichzeitig ein Bewusstsein für Kunst und Heiligkeit, wie es Oholiab und Bezaleel, die Kunsthandwerker an der israelitischen Stiftshütte, widerspiegelten (2. Mose, Kapitel 35, Vers 30ff).
So wie sie können wir Kunst, Kreativität, Leidenschaft und Schönheit wieder in die Kirche bringen.
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Datum: 05.11.2018
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet/ Christianity Today