Nicht alles ist Religion, was sich dafür ausgibt
Ein Jahr lang kämpften die Anhänger des «Kopimismus» für die legale Anerkennung ihrer «Religion». Nach drei gescheiterten Anträgen haben die schwedischen Behörden die «Kirche» jetzt offiziell anerkannt. Information sei ihnen heilig und Kopieren gehöre zur religiösen Praxis, erklären die Kopimisten in ihrer Pressemitteilung. Der Begriff «Kopimi» leitet sich vom englischen «copy me» ab.
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Rund 3000 Anhänger soll diese Bewegung haben. Die «Kopimisten» glauben an das Kopieren und Verbreiten von Dateien über das Internet als an einen «heiligen Akt». Gegründet wurde die Kirche von Isak Gunderson, einem 19-jährigen schwedischen Philosophie-Studenten.
Die Anerkennung der «Kopimisten» durch den schwedischen Staat bedeutet jedoch nicht, dass für sie nun jede Form des Raubkopierens legal ist. Das Copyright gilt für sie nach wie vor. Gunderson hofft, dass seine Religion künftig in der Gesetzgebung berücksichtigt wird. Ausserdem hofft er, dass die Mitgliederzahl weiter wächst und das Kopieren das «Stigma des Illegalen» verlieren würde. Spöttisch verkündet Gunderson: «Der Tag kommt, an dem wir unseren Glauben ohne Furcht vor Verfolgung ausüben können».
Gebet und Meditation
Die Gemeinschaft der Kopimi benötigt keine formale Mitgliedschaft: «Man muss in sich nur den Wunsch nach Anbetung des Heiligsten des Heiligen spüren: Information und Kopie.» Als eine Art Gottesdienste organisiert die Gemeinschaft so genannte «Kopyactings», bei denen die Kopimisten mittels Kopie untereinander Informationen austauschen
Seit der Gründung 2010 hat die Gruppe versucht, anerkannt zu werden. Erst nachdem sie Richtlinien für Gebet und Meditation festgelegt hatte, akzeptierten die Behörden ihr Gesuch. Mit der Anerkennung habe sie zwar noch nicht die gleichen Rechte wie die grossen christlichen Kirchen, gelten jedoch offiziell als religiöse Gemeinschaft.
Ulk-Religionen im Kommen
Die «Missionarische Kirche des Kopimismus» ist nicht die erste unkonventionelle religiöse Gruppe. Ein anderes «Glaubensbekenntnis» wurde von einer Figur aus den «Krieg der Sterne»-Filmen abgeleitet. Letztes Jahr gaben bei einer Volkszählung 15‘000 Tschechen an, Mitglieder der «Jedi-Kirche» zu sein. In Australien haben mehr als 70‘000 Australier als Religion «Jedi-Ritter» genannt. Die «Macht» der Weltraumsaga macht auch vor der schottischen Polizei nicht halt. Auf Fragebögen haben acht Beamte der Polizei ihre Religion als «Jedi» angegeben, wie die Zeitschrift «Jane's Police Review» berichtete.
Inwieweit die Polizisten die freiwilligen Antworten ernst meinten, ist nicht bekannt. Allerdings befinden sie sich in bester Gesellschaft. Schon bei einer Volksbefragung im Jahr 2001 hatten rund 390‘000 Menschen in England und Wales ihre Religion mit «Jedi» angegeben. Allerdings erkennt die offizielle Statistikbehörde dies nicht als gesonderte Religion an und führt die Befragten unter der Kategorie der Atheisten.
In Österreich und Deutschland erreichten Anhänger des fliegenden Spaghettimonsters, dass sie auf ihrem Führerscheinfoto ein Pastasieb auf dem Kopf tragen dürfen. Das zeigt, wie der Begriff «Religion» inzwischen völlig ausgehöhlt und entwertet ist.
Datum: 14.01.2012
Autor: Bruno Graber
Quelle: Livenet / pd / ref.ch