Schreien! Schreien zu Gott! Im Psalm 69 ist ein solcher Schrei zu lesen und zu hören: Wer so verzweifelt schreien muss, der braucht das, was wir aus den Vermisstmeldungen kennen, der braucht „schonendes Anhalten“. Oder, wie es der Psalmbeter im 21. Vers des Psalms selber formuliert: Er braucht teilnahmsvolle Menschen. Wer so verzweifelt ist, sich völlig ausgeschrieen hat, der braucht zuerst mal begleitete Ruhe, zugefächelte Luft, stilles Dasein. Irgendwann mag er reden und erzählen, wieder und wieder, bis er das Geschehen fassen kann. Im Psalm erfahren wir die Geschichte des Beters. Er hat sich für Gott eingesetzt, dafür aber nur Spott, Ausgrenzung und Schmerzen erfahren. Und keine teilnahmsvollen Menschen nehmen sich seiner schonend an. Daher rührt seine Verzweiflung. Das schreit er heraus, kaut er durch und durch, - bis ihm der zuverlässige Gott, der sicher helfen wird, wieder fassbar und spürbar wird. Mir gibt dieser dynamische Umgang mit starken Gefühlen viel Kraft!
„Rette mich, Gott!
Das Wasser reicht mir bis zum Hals.
Ich versinke im tiefen Schlamm;
ich habe keinen Grund mehr unter den Füssen.
Ich bin in bodenlose Tiefen geraten,
die Strömung reisst mich fort.
Ich habe mich müde geschrieen;
ich bin ganz heiser;
meine Augen versagen;
ich warte auf Gott.“ (Ps 69.2-4)
Datum: 18.02.2007
Autor: Roman Angst
Quelle: Bahnhofkirche Zürich