Ganz besonders?

Der Jünger, den Jesus lieb hatte

Fünf Mal schreibt die Bibel von einem Jünger, den Jesus besonders lieb hatte. Die Beziehung zwischen den beiden war scheinbar wirklich etwas Besonderes. Hatte Jesus die anderen elf dann weniger stark lieb?
Johannes im Film «Son of God»

Unter den zwölf Jüngern gab es einen, den eine besonders innige Beziehung mit Jesus verband. Bezeichnet wird er in der Bibel als der «Jünger, den Jesus lieb hatte». Was für eine Bezeichnung! Und was für ein Privileg, dass er so von Jesus geliebt war. Weithin verbreitet ist die Ansicht, dass es sich bei diesem Jünger um Johannes handelte. Interessanterweise wird das in der Bibel aber nicht detailliert. Warum wird diese Bezeichnung dann Johannes zugeschrieben? Weil sie nur im Johannesevangelium vorkommt, und dort gleich fünfmal.

Liebte Jesus Johannes denn wirklich mehr als die anderen elf Jünger, die ja gleich viel Zeit mit ihm verbrachten, sich ebenso für Jesus und sein Reich aufopferten und ihm nachfolgten? Nein, sicherlich nicht. Es ist vielmehr andersherum: Johannes war sich Jesu Liebe komplett bewusst. Deshalb war er vielleicht offener für diese Liebe als die anderen – oder spürte sie in besonderem Masse. Und so schreibt er fünfmal fast unverschämt, dass er der Jünger war, den Jesus besonders lieb hatte. Da bestand für ihn kein Zweifel.

Direkt an Jesu Brust

Das sieht man auch, wenn man sich diese fünf Bibelstellen genauer ansieht. Beispielsweise in Johannes, Kapitel 13, Vers 23: «Der Jünger, den Jesus besonders liebte, hatte bei Tisch seinen Platz unmittelbar an Jesu Seite.» Luther übersetzte sogar, dass er «zu Tische lag an der Brust Jesu», er sass quasi auf seinem Schoss. Johannes war sich sicherlich all seiner Fehler bewusst und wusste, dass er selbst nicht perfekt war, ganz im Gegenteil zu Jesus. Aber das hielt ihn nicht davon ab, ganz nah bei Jesus zu sein – weil er wusste, dass Jesus ihn trotzdem so sehr liebt.   

Eine zweite Begebenheit, in welcher Johannes sich als von Jesus geliebter Jünger bezeichnet, fand am Ostermorgen statt (Johannes, Kapitel 20), als Petrus und Johannes, von den Frauen alarmiert, gemeinsam zum Grab rannten. Johannes war schneller, wartete aber vor dem Grab. Petrus ging hinein und sah das leere Grab und die zusammengewickelten Leinentücher. Dann ging auch Johannes ins Grab «und sah alles. Und er glaubte.» Johannes war sich nicht nur der grossen Liebe Jesu bewusst, er hatte auch alle seine Worte in sich aufgesogen und glaubte sofort, dass Jesus auferstanden sein musste. Deshalb erkannte er ihn auch gleich, als sich Jesus einigen Jüngern am See Tiberias zeigte, während die anderen Jünger ihn nicht erkannten (Johannes, Kapitel 20, Vers 7).

Der Liebe Jesu bewusst?

Ich denke, jeder Christ weiss, dass Jesus jeden Menschen liebt. Man singt es von klein auf in Liedern der Kinderstunde wie «Ja, Jesus liebt mich», hört es im meistzitierten Vers der Bibel aus Johannes, Kapitel 3, Vers 16: «So sehr hat Gott die Welt geliebt...» und liest es auf den Autostickern «Jesus liebt dich». Doch sind wir uns der Liebe Jesu wirklich bewusst? In unserem Alltag? Würden wir uns, wenn wir gefragt werden, als «Jünger/in, den/die Jesus lieb hat» definieren? Wenn Jesus vor uns stehen würde, würden wir uns dann an seine Brust schmeissen, wie Johannes es tat, oder würden wir doch eher verschämt und etwas distanziert danebenstehen?

Bedingungslos

«Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat», schreibt wieder Johannes, diesmal im ersten Johannesbrief, Kapitel 4, Vers 19 und Paulus sagt in Römer, Kapitel 5, Vers 8: «Gott hingegen beweist uns seine Liebe dadurch, dass Christus für uns starb, als wir noch Sünder waren.» Gott sieht uns nicht in erster Linie als sündige Menschen, sieht nicht zuallererst unsere Fehler und alles, was wir besser machen sollten, um «würdige Nachfolger» von ihm zu sein – nein, er liebt uns und Punkt. Er liebte uns, bevor wir irgendetwas dafür tun konnten, bevor wir ihn überhaupt lieben konnten. Er liebte uns, bevor er Jesus auf die Erde schickte – deshalb entwickelte er seinen ganzen Heilsplan für uns.

Vielleicht ist es an der Zeit, einmal all unsere Ansprüche an uns selbst beiseite zu lassen und uns einfach mal Jesu Liebe zu uns bewusst zu werden – wie ein trockener Schwamm, der sich im Wasser komplett aufsaugt. Lesen Sie beispielsweise ganz bewusst eine Aufzählung von Versen, die Gottes Liebe zu Ihnen verdeutlichen. Denn nur, wenn wir von Jesu Liebe erfüllt sind, können wir sie auch in unserem Alltag weitergeben, an unsere Familie, Kollegen, Freunde und Bekannte – auch an diejenigen, mit denen es vielleicht ein wenig schwierig ist. Jesu Liebe befähigt uns. Und wir dürfen wissen, dass auch wir ein Jünger sind, «den Jesus besonders liebte».

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Datum: 15.07.2018
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet

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